Der vom Bundesrat neu vorgeschlagene Bahninfrastrukturfonds BIF entspricht der im letzten Jahr lancierten Gewerkschaftsforderung nach einer langfristig sicheren Finanzierung von Ausbau, Unterhalt und Betrieb des öffentlichen Verkehrs aus einem gemeinsamen Topf. Deshalb begrüssen SGB und SEV den von der neuen UVEK-Chefin, Bundesrätin Doris Leuthard, präsentierten BIF grundsätzlich sehr. Eine im Gegensatz zum auslaufenden FinöV-Fonds nun zeitlich und sachlich unbegrenzte Finanzierungsstruktur ist sinnvoll und dringend nötig. Umso bedauerlicher sind die unnötigen Bremsklötze, welche die Realisierung des BIF verzögern oder gar verhindern könnten. Der neue Fonds muss einmal die Hürde des obligatorischen Referendums schaffen. Das gelingt nur, wenn die Fortsetzung der beispielhaften Schweizer Bahnpolitik garantiert bleibt und die Verlagerung von der Strasse auf die Schiene nicht gefährdet wird.
Weil der neu konstruierte BIF sinnvollerweise für die gesamte öffentliche Eisenbahnfinanzierung verantwortlich sein soll – also sowohl für die teuren Ausbauinvestitionen, als auch für den nötigen Unterhalt des Netzes und den Bahnbetrieb – braucht er auch mehr Mittel als der FinöV-Fonds bisher. Eine grobe Schätzung zeigt, dass die bis jetzt vorgesehenen nicht ausreichen dürften: Der neue Fonds erhält zwar zu den FinöV-Mitteln hinzu auch alle Bundeskredite für die bisherigen Leistungsaufträge. Er muss aber auch alle Neuinvestitionen und den Betrieb damit finanzieren. Dies ist weniger als ein Nullsummenspiel, weil der BIF auch die 7 Milliarden Schulden des FinöV übernehmen muss, womit er von Beginn weg eine immense Schuld abzahlen und verzinsen muss. Dies schränkt den Spielraum beim unverzichtbaren Ausbau für die Bahn 2030 unnötig ein. Und für zusätzliche Aufgaben wie mehr Unterhaltskredite, um die gefährdete Netzqualität zu sichern, macht der Bundesrat mit Preisaufschlägen, mehr Kantonsbeiträgen und tieferen Steuerabzügen für Pendler nur bereits völlig umstrittene Finanzierungsvorschläge. Sie und die alten Schulden sind politische und finanzielle Bremsklötze, welche die gute Fonds-Idee gefährden.
Absolut unhaltbar sind die Begründungen der UVEK-Chefin: Mit den Preissignalen wolle man die grossen Pendlerströme brechen. Es sei zu attraktiv, ausserhalb der Zentren zu wohnen und lange Arbeitswege zurückzulegen. Die Bürgerinnen und Bürger werden für die miserable Raumplanungspolitik der Behörden und die davon ausgelöste Zersiedelung der Schweiz verantwortlich gemacht und dafür zur Kasse gebeten. Sie haben gar keine echte Wahl. Und der Rückumstieg von der Schiene auf die Strasse widerspricht dem demokratisch vielfach bestätigten Schweizer Erfolgsmodell des Bahnausbaus der letzten zwei Jahrzehnte. Die BIF-Finanzierung sollte keine widersprüchlichen Anreize schaffen.
Aus Sicht der Gewerkschaften und des betroffenen Personals ist klar: Wir wollen eine sichere Finanzierung des vorbildlichen Bahnsystems Schweiz. Inklusive Netzunterhalt! Die neue Fonds-Idee mit dem BIF darf politisch nicht ins Offside fahren. Deshalb müssen die Bremsklötze bzw. die riskanten Finanzierungsideen weg. Der Schlüssel dazu ist die Schuldentilgung von 7 Mia. Franken. Der Bund kann sie problemlos übernehmen. Das würde auch den Grossteil der umstrittenen Finanzvorschläge überflüssig machen. Zwei Fliegen auf einen Streich!