Alle haben sich schon mal über Post, SBB und Swisscom und die Cheflöhne in diesen Unternehmen geärgert. Das gibt der Service public-Initiative Auftrieb: Man will denen da oben mal einen Denkzettel verpassen. Aber aufgepasst: Wie ging das schon mit dem Denkzettel bei der "Masseneinwanderung"?!
Wenn die Stimmenden bei der Service public-Initiative wie seinerzeit bei der "Masseneinwanderung" der Politik wieder einen Denkzettel verpassen sollten, dann wird die Katerstimmung danach aber ebenfalls frei Haus geliefert. Denn die Initiative eröffnet dem Parlament fast unbegrenzte Handlungsmöglichkeiten, um den heutigen Service public auf eine minimale Grundversorgung zurechtzustutzen. Es ist nämlich laut Initiative Aufgabe des Parlaments die künftige Grundversorgung zu definieren, und zwar mitnichten nur bei Post, Telekommunikation und Bahn, sondern ganz generell in allen Bereichen. Eine Chance, die sich dieses rechtsbürgerlich dominierte Parlament nicht entgehen lassen wird. Und es stimmt einem keineswegs zuversichtlich, wenn die Initianten nun versprechen, man werde für diesen Fall dann gleich ein Referendum lancieren. Ach, da will man bessere Verhältnisse, bekommt aber schlussendlich schlechtere. Und muss dagegen mit möglicherweise mehreren Referenden antreten. Denn dieses Parlament lässt ja nichts anbrennen. Wäre es da nicht besser, die Geister, die man nicht will, gar nicht erst zu rufen?
Den Initianten geht es vordergründig um bessere Dienstleistungen und tiefere Preise. Nur - davon steht rein gar nichts in der Initiative. Es ist im Gegenteil mit einem Abbau der Dienstleistungen zu rechnen.
Das Gegenteil von hehren Zielen
Das Gewinnstreben wird verboten. Damit dürften die SBB zwar gezwungen sein, die Billettpreise im Fernverkehr zu senken. Was aber nur bewirkt, dass der Betrieb noch defizitärer wird und vom Bund noch mehr Geld eingespeist werden muss. Es sei denn eben, das Parlament beschliesst, ganze Bahnverbindungen zu kappen.
Die Querfinanzierung wird verboten. Heute zahlt der Bund jährlich rund 230 Mio. Franken an die Post: 180 Mio. Franken an den Betrieb von PostAuto und 50 Mio. Franken an den verbilligten Zeitungsversand. Handkehrum profitiert er jährlich mit rund 200 Mio. Franken vom Gewinn seines Unternehmens. Fast eine Win-Win Situation, ausser dass die Post mehr gewinnt. Mit der Initiative läuft der Finanzfluss dann nur noch in einer Richtung, nämlich vom Bund zur Post. Es sei denn eben, das Parlament beschliesst, PostAuto-Linien einzustellen und die Subvention des Zeitungversands zu streichen.
Die Managementlöhne sollen runterkommen, aber die Initiative sagt was anderes: Die Löhne und Honorare aller Mitarbeitenden sollen nicht über denen der Bundesverwaltung liegen. Das heisst konkret, dass das komplette Lohngefüge der bundesnahen Betriebe ins Rutschen käme. Damit ist keineswegs gesichert, dass es nur im Management zu Lohnsenkungen käme. Brisant ist aber auch, dass es zwischen den Sozialpartnern keine jährlichen Lohnverhandlungen mehr gäbe, weil ja das Parlament bestimmt, ob es Lohnerhöhungen geben darf oder nicht. Und dieses Parlament ist erfahrungsgemäss dagegen.
Nicht den Rechtsbürgerlichen in die Hand arbeiten
Die Initianten haben es vielleicht gut gemeint, ihre Initiative aber ist ein giftiger Cocktail für den Service public. Je näher der Abstimmungstermin kommt, desto populistischer argumentieren sie, reden von der "classe politique", die wegen Gratis-GA die Bodenhaftung verloren habe. Und behaupten, wir Gewerkschaften würden unter einer Decke stecken mit den Unternehmen. Das ist Sandkastenpöbelei und eigentlich nur lächerlich. Wenn es nicht bitterernst wäre. Es ist wirklich tragisch, dass die Initianten offenbar nicht sehen, wie sie mit ihrem Begehren den Rechtsbürgerlichen in die Hände arbeiten. Bevor nämlich der Swisscom das Gewinnstreben in der Grundversorgung untersagt wird, wird sie privatisiert. Ebenso die PostFinance. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Daran sollte denken, wer denen da oben einen Denkzettel verpassen will. Die Löhne der CEOs dürften dann noch mehr in die Höhe klettern...