Personenfreizügigkeit mit Flankierenden Massnahmen: Bessere Beschäftigungs- und Lohnsituation als im kanadischen Punktesystem

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Blog Daniel Lampart

Dass die Personenfreizügigkeit in Verbindung mit den Flankierenden Massnahmen besser ist als das frühere Kontingentssystem mit dem Saisonniersstatus, bestreitet wohl kaum jemand. Immer wieder wird aber auf Kanada verwiesen. Das dortige Punktesystem sei überlegen. Die Realität zeigt ein anderes Bild. Die Erwerbsbeteiligung und die Lohnsituation der unter der Personenfreizügigkeit in die Schweiz eingewanderten Personen ist insgesamt besser.

«Das» kanadische Punktesystem gibt es so nicht. Denn die kanadische Migrationspolitik schafft laufend neue Ausnahmen und Regulierungen, je nach politischem Druck und wirtschaftlicher Lage. Der Kern des Punktesystems wurde in den 1960er-Jahren eingeführt. Aufenthaltsbewilligungen werden in erster Linie an Personen vergeben, die gewisse Anforderungen erfüllen: Die Chancen sind umso grösser, je besser jemand schulisch ausgebildet ist. Dazu schlagen gute Kenntnisse der Landessprachen Französisch oder Englisch usw. positiv in höheren Punktzahlen zu Buche (s. die Darstellung der OECD).

Bei der schweizerischen Personenfreizügigkeit braucht es hingegen einen unbefristeten Arbeitsvertrag oder ein auf andere Art gesichertes Einkommen, um eine Daueraufenthaltsbewilligung zu erhalten. Das Schweizer System orientiert sich daher vor allem daran, ob jemand auf dem Schweizer Arbeitsmarkt gefragt ist und viel weniger am Ausbildungsstatus. Zudem ist die Personenfreizügigkeit auf Europa beschränkt, während Kanada globaler orientiert ist. Ein grosser Teil der Leute, die in Kanada einwandern, stammt aus Indien, China oder den Philippinen. 

Obwohl das kanadische System immer wieder gelobt wird, gibt es nicht viele Studien zu den Auswirkungen auf die Löhne und die Arbeitsplätze. Die vorhandenen Studien weisen aber auf eine Reihe von Problemen hin. Das kanadische Punktesystem versucht vor allem HochschulabsolventInnen anzuziehen. Und effektiv haben heute 60 Prozent der Eingewanderten einen Tertiärabschluss. Doch das garantiert noch keinen Job und auch keinen Job, der zur Ausbildung passt. So gibt es zahlreiche eingewanderte Uni-AbsolventInnen, die in Hilfsjobs arbeiten. Und obwohl eher jüngere AkademikerInnen einwandern, ist die Arbeitslosenrate bei den relativ neu eingewanderten Personen (letzte 5 Jahre) knapp doppelt so hoch wie bei den KanadierInnen. Nur rund 70 Prozent der in den letzten 5 Jahren eingewanderten Personen hat eine Stelle. Die Situation der Betroffenen verbessert sich erst im Laufe der Zeit.

In der Schweiz ist es umgekehrt. Weil man ein gesichertes Einkommen braucht, um sich in der Schweiz niederzulassen, ist die Erwerbstätigenquote wesentlich höher. 85 Prozent der Personen mit EU-Pass haben eine Stelle. Das ist ungefähr gleich viel wie bei den Schweizer BürgerInnen. Unmittelbar nach der Einwanderung in die Schweiz sind 80 bis 90 Prozent der Männer aus EU/EFTA hierzulande erwerbstätig. Bei den Frauen ist der Anteil etwas geringer, da bei ihnen der Familiennachzug eine grössere Rolle spielt. Die Erwerbsbeteiligung steigt in der Zeit nach der Einwanderung noch etwas an – insbesondere bei den Frauen.

Diese Gegenüberstellung zeigt, dass die Personenfreizügigkeit mit ihrer Arbeitsmarktnähe zusammen mit dem Lohnschutz durch die Flankierenden Massnahmen zu besseren Beschäftigungsergebnissen führt als das auf formelle Bildungsabschlüsse ausgerichtete kanadische Punktesystem.

 

Zuständig beim SGB

Julia Maisenbacher

Secrétaire centrale

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