2 Mal Nein zur Ausschaffung: Man kann nicht mit der einen Hand integrieren und mit der anderen ausschaffen!

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Medienmitteilung
Verfasst durch Guglielmo Bozzolini

Der SGB sagt ohne Wenn und Aber Nein zur Ausschaffungsinitiative und zum Gegenvorschlag. Seine grundsätzliche Haltung hat er bereits mit einer Resolution an einer Delegiertenversammlung Ende Mai 2010 klar gemacht: „Geht man von der Gleichheit der Menschen aus, dann kann man für ein gleiches Verbrechen nicht ein anderes Recht anwenden; etwa ein Recht, das sich nach der Nationalität des Täters richtet“ (Text am Schluss dieses Beitrags).

Aus den folgenden weiteren Gründen bekämpfen die SGB-Gewerkschaften Ausschaffungsinitiative und Gegenvorschlag:

1. Gewerkschaften sind auch Migrationsorganisationen

Die Schweizer Gewerkschaften gehören zu den bedeutendsten Migrationsorganisationen des Landes. Schätzungsweise ein Drittel der rund 380‘000 Mitglieder in allen SGB-Verbänden hat einen Migrationshintergrund. Rund die Hälfte aller Unia-Mitglieder (ca. 200‘000) hat z. B. keinen Schweizer Pass. Die Schweizer Gewerkschaften haben über Generationen hinweg bedeutende Verdienste in der beruflichen Integration von Menschen ausländischer Abstammung. Sie haben sich – nach einer Phase mit Orientierungsschwierigkeiten während den Schwarzenbach-Initiativen (1960 – 1970) - stets mit Engagement für die Rechte der Migrant/innen eingesetzt.

2. Diskriminierung eindämmen und nicht noch vergrössern

Trotzdem: Den Gewerkschaften ist bewusst, dass Migrant/innen auch in der Arbeitswelt weiterhin einer Diskriminierung unterliegen, die sich sowohl bei der Anstellung, der beruflichen Entwicklung und beim Lohn zeigt. Der SGB hat denn kürzlich auch (Dossier Nr. 66, Juli 2009) einen antidiskriminierenden Massnahmenkatalog gefordert. Dieser soll insbesondere auch dem Fakt entgegenwirken, wonach etwa bei der Lehrstellensuche die Familiennamenendung auf –ic synonym wird mit ständiger Absage.

Es ist ureigene Aufgabe der SGB-Gewerkschaften, Diskriminierungen der Migrant/innen in der Arbeitswelt zu bekämpfen. Dass da neue rechtliche Diskriminierungen bekämpft werden, versteht sich von selbst.

3. Aus Dauerkampf und Stigmatisierung rauskommen

So wie in den 60er und 70er Jahren die Republikaner und die Nationale Aktion ein Dauertrommelfeuer gegen die Migrant/innen entfacht haben, so tun dies jetzt SVP und Konsorten seit einem guten Jahrzehnt mit Volksinitiativen in schöner Regelmässigkeit. Dabei werden dauernd die Migrant/innen stigmatisiert. Mit dieser Politik, die den Rationalisierungsverlierern eine falsche Interessenachse vorgaukelt, muss endlich Schluss sein – am besten durch ein massives NEIN am 28. November. Auch zum Gegenvorschlag, denn Integration erkauft man sich nicht mit verstärkter Diskriminierung – oder: Diskriminierung wird nicht besser, wenn sie in die Watte einer Integration gehüllt wird, die hier eher dadurch legitimiert scheint, dass sie den potentiellen Rechtskonflikten mit der EU aus dem Weg gehen will.

4. Missbräuchliches Beziehen von Sozialleistungen

Zu letzterem passt gerade vorzeigehaft, dass auch missbräuchlicher Bezug von Sozialleistungen in der Initiative wie im Gegenvorschlag ein Ausweisgrund sein soll. Hier wird die Kampagne der „Scheininvaliden“ schnurgerade fortgesetzt und so nebenbei – aber durchaus gewollt - eine Assoziationskette freigesetzt, wonach die Sozialverfassung des Landes gefährdet sei – natürlich voran und vorab durch Migrant/innen.

Aus all diesen Gründen sagt der SGB klar NEIN zu Initiative und Gegenvorschlag.

Anhang: Resolution der SGB-Delegiertenversammlung vom 17. Mai 2010

Ein Verbrechen ist ein Verbrechen. Und Verbrechen sind zu bestrafen.

Geht man von der Gleichheit der Menschen aus, dann kann man für ein gleiches Verbrechen nicht ein anderes Recht anwenden; etwa ein Recht, das sich nach der Nationalität des Täters richtet. Ein paralleles Recht auf der Basis der Nationalität ist unzulässig.

Deshalb gibt es kein Zögern gegenüber einer Volksinitiative, die auf der Basis der Nationalität verschiedenes Recht entwickeln will. Jegliche Bestrafung ist unabhängig der Nationalität sondern aufgrund des Ausmasses des Rechtsbruchs oder des Verbrechens vorzunehmen. Der SGB lehnt deshalb die „Ausschaffungsinitiative“ der SVP kategorisch ab. Das Volksbegehren ist zudem unvereinbar mit einigen grundlegenden Garantien, die die Europäische Menschenrechtserklärung oder der Internationale Pakt über die bürgerlichen und politischen Rechte (UNO-Pakt II) gewähren. Diese Initiative hätte folgerichtig als ungültig erklärt werden müssen.

Es hat somit auch keinen Platz für einen – wie auch immer abgeschwächten – Gegenvorschlag.

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