Vereinbarkeit jetzt!

  • Gleichstellung von Mann und Frau
Artikel
Verfasst durch Ewald Ackermann

Am 20. und 21. November halten die SGB-Frauen in Bern ihren 11. Kongress ab. „Vereinbarkeit jetzt!“ fordern die Frauen. Die Gewerkschaften sollen Bedingungen schaffen, damit Frauen Erwerbs- und Familienarbeit besser aufeinander abstimmen können.

Selbst Clara Zetkin würde – wäre es ihr vergönnt, einen kurzen Erkundungsgang durch die jüngste europäische Geschlechtergeschichte anzutreten - von Fortschritt in der Frauenfrage  sprechen. Vom Himmel ist er nicht gefallen, dieser Fortschritt, sondern von aktiven Frauen und vor allem von Gewerkschafterinnen erkämpft worden. Und „endgültig“ ist er auch nicht, bei weitem nicht. Denn immer noch ist, auch hierzulande, prekäre, schlecht entlöhnte Arbeit vor allem den Frauen zugewiesen und gleichzeitig auch der allergrösste Teil der familiären Arbeit. Und somit erstaunt es nicht, dass es weiterhin vor allem Frauen sind, die Ansprüche an die Arbeitswelt aus „privater“ Perspektive formulieren. Denn wenn Kinder oder andere Angehörige erkranken, dann sind es primär die Frauen, die den besonderen Effort leisten müssen.

Arbeit frauen- und betreuungsverträglich gestalten

Die SGB-Frauen stellen ihren Kongress unter das Motto „Vereinbarkeit jetzt! – Erwerbsarbeit – Familienarbeit: Schluss mit dem Zeitdilemma“. In einem 6- Punkte-Manifest fordern sie die Gewerkschaften auf

  • Standarts für gute und damit angemessen entlöhnte Arbeit und familienverträgliche Arbeitszeiten zu schaffen;
  • die gesellschaftlich notwendige unbezahlte Arbeit in GAV und Personalreglementen mehr zu berücksichtigen: Neben dem Ausbau des Mutter- und Vaterschaftsurlaubes soll es neu ein Recht auf vorübergehende Reduktion der Arbeitszeit aber auch auf Kurzabsenzen oder Urlaub auf Grund von Betreuung geben;
  • aus der Perspektive der Gleichstellung die Diskussion über die Arbeitszeit wieder aufzunehmen;

Die bestehenden gesetzlichen Regelungen in all diesen Bereichen – so der 4. Punkt – sollen verbessert werden.

Ein 5. Punkt fordert die familienergänzende Kinderbetreuung als öffentliche Aufgabe. Es soll – vom Säugling bis zum 16jährigen – ein möglichst kostenloser Rechtsanspruch auf einen solchen Betreuungsplatz bestehen. Das dafür nötige Personal soll ausreichend ausgebildet sein und über gute Arbeitsbedingungen verfügen. Der 6. und letzte Punkt des Manifestes schliesslich fordert die Gewerkschaften auf, sich dem Thema der Betreuung von Pflegebedürftigen vermehrt zu widmen. Für pflegende Angehörige im Arbeitnehmerstatus wird auf die unter Punkt 2 genannten Rechte auf Kurzabsenzen und Urlaube verwiesen. Im Bereich der professionellen Pflege sollen sich die Gewerkschaften für den Ausbau und bessere Arbeitsbedingungen des Personals engagieren. 

Anträge und Vertiefung

Zu diesem 6-Punkte Manifest sind bisher über 20 Anträge eingetroffen, die der Kongress behandeln wird. Gefordert wird darin zumeist eine Erweiterung der einzelnen Punkte um neue Rechte, so etwa auf bezahlte Erwerbsarbeit, auf Rückkehr auf den gleichen Arbeitsplatz nach dem Mutterschaftsurlaub, auf Weiterbildung auch bei Teilzeitarbeit, auf Vorgeburts- und Adoptionsurlaub. Vier Ateliers bieten zudem Gelegenheit, die Inhalte des Manifestes vertieft und ohne (abstimmungs)taktische Erwägungen zu diskutieren.

Auf Vertiefung zielen ebenfalls drei Gastreferate. Christina Klenner vom gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) in Düsseldorf wird sich der „Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit: geschlechtergerechte Arbeitszeitmodelle“ widmen. Christiane Marty vom Conseil scientifique d’ATTAC France wird darstellen, inwiefern die 35-Stunden-Woche ein taugliches Mittel für diese Vereinbarkeit ist. Claudia Menne vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) wird die (möglichen) Fortschritte der revidierten Rahmenvereinbarung der europäischen Sozialpartner zum Elternurlaub vorstellen. 

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