Die geschlechtsbedingte Lohndiskriminierung im privaten Sektor ist zwischen 1998 und 2008 von 10.6% auf 9.4% zurückgegangen. Dieser Abbau im Schneckentempo kann nicht länger hingenommen werden, das haben Tausende von Frauen am Aktions- und Streiktag vom 14. Juni 2011 zum Ausdruck gebracht. Die Lohngleichheit ist für die Frauen auch zentral im Hinblick auf eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit. Ungleiche Löhne stärken die traditionelle Rollenteilung zwischen Mann und Frau. Sie stehen einer besseren Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit und damit insbesondere den Frauen im Weg. Lohnungleichheit wirkt sich aber auch bei den Sozialversicherungen aus: tiefere Renten bei der AHV, allenfalls gar keine Rente aus der Zweiten Säule.
Vor rund zwei Jahren haben die Sozialpartner und der Bund den Lohngleichheitsdialog gestartet. Er will die Lohndiskriminierung eliminieren. Mitte November zogen die Beteiligten an einer Medienkonferenz Zwischenbilanz: Nur 16 Unternehmen und Verwaltungen (siehe www.lohngleichheitsdialog.ch ) haben sich dem Dialog angeschlossen, und die meisten von ihnen erst dank den grossen Bemühungen der Gewerkschaften. Das ist unbefriedigend. Darin sind sich die Sozialpartner und Bundesrätin Simonetta Sommaruga einig.
Aus Sicht der Gewerkschaften gibt es viel Nachholbedarf, vor allem bei den Banken und Grossunternehmen des Detailhandels und der graphischen Industrie. Aber auch Bund und Kantone könnten den Lohngleichheitsdialog nachhaltiger fördern, etwa via die Bestimmung, dass bei Submissionen die Lohngleichheit eingehalten werden muss.
Der Lohngleichheitsdialog soll bis 2014 weitergeführt werden. Die Gewerkschaften werden sich weiter entsprechend einsetzen. Vor allem aber müssen jetzt die Unternehmen handeln und nicht mehr bloss Sonntagspredigten halten. Sollte der Lohngleichheitsdialog scheitern, sind für die Gewerkschaften gesetzliche Massnahmen unumgänglich, wie sie im Evaluationsbericht zu zehn Jahren Gleichstellungsgesetz und von den Gewerkschaftsfrauen am 14. Juni 2011 gefordert wurden.
Auch die Bundesrätin will dem Lohngleichheitsdialog nochmals eine Chance geben. Und auch sie regt für den Fall eines gescheiterten Dialogs an, dass sich Bundesrat und Parlament überlegen müssten, mit welchen staatlichen Massnahmen die Lohngleichheit durchgesetzt werden könnte.
Lohndiskriminierung in Zahlen
Im Durchschnitt entgehen einer Berufsfrau (bei Vollzeitarbeit) im Berufsleben rund 380'000 Franken aufgrund „purer“ Lohndiskriminierung (= Anteil Lohnunterschied, der nicht erklärt werden kann mit Ausbildung, Alter, Berufserfahrung und Funktion).
Lohnraub an den Frauen nach Branchen:
- Gastgewerbe: 146'000 Franken
- Detailhandel: 359'000 Franken
- Lebens-- und Genussmittelindustrie: 469'000 Franken
- Maschinenindustrie und Uhren: 513'000 Franken
- Banken und Versicherungen: 765'000 Franken
Quelle: Berechnungen Büro BASS aufgrund der neusten Zahlen (LSE 2008)