Und sie bewegt sich – doch nicht?

  • Gleichstellung von Mann und Frau
Artikel
Verfasst durch Christina Werder, Zentralsekretärin des SGB

Lange war es so: langsam, aber zäh, Jahr für Jahr im Tempo der Schnecke, aber unbeirrt auf Kurs, holten die Frauen in der Schweiz auf. Heute ist das nicht mehr so. Der Lohnabstand hat wieder zugenommen. Es droht der grosse Rückschlag. Dagegen ist anzutreten. Die Gewerkschaften wollen das. Unter anderem mit einer Demo am 13. März.

Seit 1996 hat sich der Lohnunterschied zwischen Mann und Frau stets abgeschwächt. Eindrückliche Sprünge waren zwar nicht zu verzeichnen, und die Differenz blieb immer noch beschämend hoch. Aber: sie bildete sich zurück, kontinuierlich. Und nun plötzlich das: 2008 nimmt der Abstand zwischen Männer- und Frauenlöhnen wieder zu. Gemäss Lohnstrukturerhebung 2008 verdienten Frauen in der Schweiz 19.3 Prozent weniger als Männer. Das ist eine Verschlechterung von 0,4 Prozent im Vergleich zum Jahr 2006 (18,9 % Differenz). Diese jüngsten Zahlen wirken wie eine Ohrfeige. Obwohl „Gleichstellung“ auf der Ebene der verbalen Bekenntnisse so etwas wie eine Selbstverständlichkeit geworden ist, obwohl die Gewerkschaften seit Jahren versuchen, entsprechende Postulate in Kollektivverhandlungen durchzubringen, obwohl das Gesetz seit 14 Jahren unmissverständlich gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit verlangt, tritt ein solcher Rückschlag ein. Er kann nicht anders interpretiert werden, als dass sich viele Arbeitgeber halt doch einen Deut um Lohngleichheit kümmern. Sonntagspredigten kennzeichnen nicht die Montagswirklichkeit.

„Opfer“ noch und noch

Der Rückschlag in der Lohngleichheit ist kein isoliertes Phänomen. Frauen sollen auch in anderen Bereichen Opfer bringen:

  • Mit der 11. AHV-Revision soll das Rentenalter für Frauen auf 65 Jahre erhöht werden. Das ist Gleichstellung per Verschlechterung für die Frauen – und ohne jeglichen auch nur von einem Anflug sozialer Verantwortung gekennzeichneten Blick auf den Arbeitsmarkt. 
  • Obwohl weitere Schritte zur besseren Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit in der Schweiz dringend notwendig wären, tut sich hier viel zu wenig. Es fehlen nach wie vor 50'000 Plätze in Kindertagesstätten für 84'000 Kinder. 
  • Die Mehrheit der Frauen arbeitet Teilzeit. Wer Teilzeit arbeitet, ist oft schlechter gestellt bei Lohn (Stundenlohn), Krankheit, Weiterbildung, beruflicher Laufbahn und bei der Planbarkeit seiner Zeit (z.B. Arbeit auf Abruf). Deshalb möchten viele Frauen ihr Pensum erhöhen. Nur: das wird ihnen aktuell zumeist verweigert. 

Für Bewegung sorgen

Gegen diesen grossen Rückschlag müssen sich die Gewerkschaften wehren. Sie müssen ihre Forderungen

  • Löhne rauf und Lohngleichheit jetzt!
  • Nein zur Erhöhung des Frauenrentenalters!
  • Soziale Sicherheit dank starken Sozialversicherungen!
  • Mehr Kinderbetreuungsplätze mit fairer Finanzierung!

klar und deutlich ausdrücken. Und sie werden dies tun, vereint mit Kräften, die in dieselbe Richtung zielen. So werden im Rahmen des Internationalen Frauentages (8. März) und der dritten weltweiten Aktion der Marche mondiale des femmes[1] Gewerkschaftsfrauen, die SGB-Frauenkommission und Marche mondiale des femmes gemeinsam zu einer grossen farbigen Frauendemo aufrufen. 

Sie findet statt:

Samstag, 13. März 2010, Bern 

Besammlung: 13.30 Schützenmatte 

Schlusskundgebung auf dem Bundesplatz 

Anschliessend Fest in der Reitschule Bern.


[1] Die Marche mondiale des femmes ist ein weltweites feministisches Aktionsnetzwerk, das Gruppierungen und Organisationen von Basisfrauen vereint. Rund um die Welt mobilisieren sich die Frauen, um die Gleichstellung voranzutreiben und um Armut und Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen. Sie fordern ein Recht auf Erwerbsarbeit und soziale Sicherheit, den Zugang zu öffentlichen Gütern (Service Public), Frieden und Entmilitarisierung und ein Ende der Gewalt an Frauen. Zwischen dem 8. und 18. März 2010 ist der Frauenmarsch in der Schweiz unterwegs.

Zuständig beim SGB

Julia Maisenbacher

Zentralsekretärin

031 377 01 12

julia.maisenbacher(at)sgb.ch
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