„Ich schlang beide Arme um meinen Vater. Der Anpfiff. Die Welt begann. Das war Fussball. Das waren Väter.“ So beschreibt der irische Schriftsteller Column McCann sein Erlebnis als Siebenjähriger, als er zum ersten Mal mit seinem Vater von Irland nach England an einen Fussballmatch seines Lieblingsclubs fuhr und unterwegs kaum etwas sagen durfte, damit man sie in England nicht als Iren erkannte. Und Ulrich Koch dichtete: „Im Innenhof übt ein Junge / Weitschüsse. Vor jedem Schuss / nimmt er den Ball / in die Hände und / streicht ihm die Haare / aus dem Gesicht.“
Vielfältige und anregende Materialien
Wer sich über diese und andere Gendereien Gedanken machen möchte, greift am besten zu Jürgmeiers und Helen Hürlimanns „Tatort“. Diese vielfältigen und in verschiedensten Stilen (Analysen, Beschreibungen, Interviews, fiktive Geschichten, Dialoge, Fotos und ein rätselhafter Fussballkrimi auf DVD-Film) wunderschön präsentierten Materialien können uns tatsächlich den Blick auf aktuelle Genderfragen schärfen. Das Kapitel „James Bond oder Staubsauger – Zur aktuellen Lage an der Haushaltsfront“ etwa beginnt mit der Frage, die der „SPIEGEL“ 2008 auf ein Titelblatt knallte: „Wie viel Mutter braucht das Kind?“ Das reproduzierte Titelblatt zeigt ein Kleinkind, das in seiner Faust eine gestresste berufstätige Frau festhält. Die Legende dazu: „Mindestens so interessant wie das, was das Bild zeigt, ist das, was auf dem Bild nicht zu sehen ist: ein Vater…“
Befreiung vom Geschlechterkorsett
Die Einführung „Befreiung vom Geschlechterkorsett: Schon hinter uns oder erst vor uns?“ präsentiert die geläufigsten Genderdiskurse, und zwar anhand von heute öffentlich debattierten Themen wie Organisation des Alltags, (Jugend-)Gewalt, haushaltsexterne Kinderbetreuung, Rolle der öffentlichen Schule. Und eben: auch am populärkulturellen Phänomen Fussball sowie dem Fernsehkrimi „Tatort“.
* „Tatort“, Fussball und andere Gendereien. Materialien zur Einübung des Genderblicks. Mit Kurzfilm auf DVD: Der Mörder ist immer die Gärtnerin. Von Jürgmeier und Helen Hürlimann. 2008 interact Luz