Schon in der Anstellung mehr zu beachten

  • Gleichstellung von Mann und Frau
Artikel
Verfasst durch Gabriela Medici, wissenschaftliche Mitarbeiterin des SGB

Der Jurist Jakob Ueberschlag hat eine umfassende Dissertation vorgelegt über Anstellungsdiskriminierungen aufgrund des Geschlechts und deren rechtliche Behandlung. Er fordert, dass Stellen geschlechtsneutral ausgeschrieben werden.

Trotz des seit 28 Jahren in der Verfassung und seit 13 Jahren im Gleichstellungsgesetz verankerten Diskriminierungsverbots, trotz der gestiegenen Erwerbsquote der Frauen und trotz des sich laufend annähernden Ausbildungsniveaus sind wir von einer Gleichstellung auf dem schweizerischen Arbeitsmarkt nach wie vor weit entfernt. Die eben erschienene Dissertation von Jakob Ueberschlag[1] befasst sich in umfassender Weise mit dem Phänomen der bisher wenig untersuchten Anstellungsdiskriminierungen. Dabei prüft der Autor eingehend den aktuellen Stand der Lehre und Rechtsprechung auf diesem Themengebiet, stellt Vergleiche mit Europa an. Auch bezüglich der Umsetzung des Diskriminierungsverbotes im Bereich der Stellensuche und Anstellung stellt er wichtige kritische Fragen. 

Diskriminierung durch Stellenausschreibungen

Zurzeit gibt es in der Schweiz kein rechtliches Gebot für private Arbeitgebende ihre Stelleninserate geschlechtsneutral auszuschreiben. Dass geschlechtsspezifisch formulierte Stellenausschreibungen einen Einfluss auf das Bewerbungs- und Einstellungsverhalten haben, wurde aber bereits mehrfach belegt. Geschlechtsspezifisch ausgeschriebene Stellen basieren regelmässig auf einer klaren Vorstellung der Arbeitgebenden über das Geschlecht derjenigen Person, mit welcher sie den verfügbaren Arbeitsplatz besetzen wollen. Stellenannoncen als Zugangsportal zum Arbeitsmarkt beinhalten deshalb ein nicht zu unterschätzendes Diskriminierungspotenzial.

Ueberschlag hat im Rahmen seiner Dissertation rund 2500 Stelleninserate aus zwei ausgewählten Medien untersucht. Auch wenn er im Vergleich zu einer Studie aus dem Jahr 1989 in vielen Bereichen Verbesserungen feststellen konnte: markante Ungleichheiten bzgl. des Geschlechtes bestehen noch immer. So sinkt etwa der Anteil Inserate, von denen auch Frauen sich angesprochen fühlen können, je höher das geforderte Ausbildungsniveau für die zu besetzende Stelle ist. Der Verfasser legt deutlich dar, dass hier ein gesetzlicher Handlungsbedarf besteht. Er zeigt, dass eine gesetzliche Vorschrift, Inserate geschlechtsneutral zu formulieren, positive Effekte hätte und fordert deshalb zu Recht eine entsprechende Regelung. Seiner Meinung nach sollte die Vorschrift bei Nichtbeachtung durch eine Geldstrafe sanktioniert werden.

Rechtsansprüche und deren Durchsetzung 

Im Bereich der Anstellungsdiskriminierungen kommt heute keine Beweislasterleichterung zur Anwendung. Gerade hier ist der Beweis diskriminiert worden zu sein aber nur schwer zu erbringen. Die Grundlagen der Entscheidfindung befinden sich in den Händen der Arbeitgeberschaft, und meist handelt es sich um innere Motive derselben. Ueberschlag tritt in einleuchtender Weise dafür ein diese Regelung zu überdenken. Im Falle einer bewiesenen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts erhalten die Betroffenen heute maximal drei Bruttomonatslöhne als Entschädigung. Ueberschlag zeigt auf, dass diese Entschädigungsregelung sowohl der EMRK wie auch der UNO-Menschenrechtserklärung nicht gerecht wird und geändert werden muss. In einem letzten Abschnitt entwickelt er so für rund ein Dutzend Gesetzesbestimmungen spezifische und interessante Vorschläge um Geschlechtsdiskriminierungen im Anstellungsprozess in Zukunft tatsächlich zu vermindern.

Die Schwangerschaftsfrage

In einem weiteren Schwerpunkt zeigt der Autor auf, dass die Schwangerschaftsfrage grundsätzlich unzulässig und auch bei möglicher Gefährdung der Gesundheit der werdenden Mutter oder des Kindes nicht gestattet ist. Deshalb besteht für Frauen ein Notwehrrecht die unzulässige Frage wahrheitswidrig zu beantworten. Ueberschlag kritisiert mit guten Gründen, dass die Wirksamkeit des Notwehrrechts in der Praxis erheblich beeinträchtigt ist aufgrund des ausgesprochen schwachen Kündigungsschutzes im schweizerischen Arbeitsrecht.


[1]  Jakob Ueberschlag, Die Anstellungsdiskriminierung aufgrund des Geschlechts im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis (Art. 3 Abs. 2 GlG): unter besonderer Berücksichtigung der europäischen Rechts, Zürich 2009.

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