Wenn die Schweiz eine rechtsbürgerliche Mehrheit an die Macht lässt, ist Böses zu befürchten. Dafür hat der Nationalrat an der Sondersession des Parlaments ein Paradebeispiel geliefert.
Normalerweise wird um den Legislaturplan, mit dem sich der Bundesrat selber die Richtung vorgibt, kein grosses Aufheben gemacht. Diesmal jedoch hat der Nationalrat dem Bundesrat mit der Anpassung desselben ein bürgerliches Wunschkonzert dirigiert: rein mit einem Interventionsmechanismus für die AHV, raus mit unwillkommenen gleichstellungspolitischen Massnahmen. Die in der Revision des Aktienrechts angestrebte Geschlechterquote haben die Bürgerlichen, die bei der Besetzung des Bundesrats notfalls mit Parteiausschlüssen die Einhaltung der Parteienquote namens Konkordanz erzwingen, kurzerhand rausgekickt, ebenso gestrichen haben sie die Revision des Gleichstellungsgesetzes, einen zögerlichen Schritt des Bundesrates zu mehr Lohngleichheit.
Argumente zählten bei der Debatte um die Legislaturplanmassnahmen nicht: Unbedarft durfte SVP-Neo-Nationalrat Erich Hess behaupten, die Gleichstellung sei erreicht und gleichwertige Arbeit werde auch gleich bezahlt. Spielt ja keine Rolle, dass die Statistiken eine ganz andere Sprache sprechen und Frauen zur schlechter bezahlten Erwerbsarbeit auch noch die meiste unbezahlte Arbeit übernehmen. Was der bürgerlichen Mehrheit nicht in den Kram passt, muss aus dem Legislaturplanung raus - einfach weil sie es können.
Damit hat der Nationalrat gezeigt, dass ihm die Bedürfnisse der Bevölkerung egal sind und er nur noch eine Klientelpolitik betreibt. Die Gleichstellung ist kein Anliegen der linken Ratsminderheit, das es zu bekämpfen gilt, sondern eine gesellschaftliche Notwendigkeit, die Frauen und Männern, aber auch der Wirtschaft zugutekommt. Und bürgerliche Wählerinnen und Wähler sind ebenso auf eine AHV, die durch keinen Interventionsmechanismus geschwächt wird, angewiesen wie der Rest der Bevölkerung. Diese Zusammenhänge hat der Nationalrat komplett aus den Augen verloren.
Bleibt zu hoffen, dass zumindest der Bundesrat weitsichtiger ist, sich vom nationalrätlichen Powerplay nicht unter Druck setzen lässt und dem Parlament bald eine wirksame Vorlage zur Lohngleichheit vorlegt. Wenn nicht, werden wir Frauen selber ins Powerplay einsteigen und unsere Rechte mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln einfordern.