8.7%: So viel betrug 2012 der unerklärte Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern. Dieser ist potentiell diskriminierend, da er nicht durch objektive Faktoren wie Ausbildung, berufliche Stellung usw. begründet ist.
Das Bundesamt für Statistik (BFS) hat seine Analyse zu den Lohnunterschieden 2012 am 21. August 2015 publiziert – wie immer nach der Lohnstrukturerhebung. Dieses Jahr ist jedoch alles ein wenig anders: Nachdem die Zahlen jahrelang zwar beunruhigten, jedoch nicht in Frage gestellt wurden, sorgen sie diesen Herbst für grössere Aufregung. Bürgerliche, Arbeitgeber, Vertreterinnen der Wirtschaft setzen alles daran, Zweifel an der Seriosität der Arbeit des BFS aufkommen zu lassen – fleissig sekundiert von den Medien, allen voran der NZZ. Selbsternannte Lohngleichheitsexperten dürfen die BFS-Analyse als Humbug bezeichnen und ihre eigenen Analysemethoden – die selbstverständlich jegliche Lohndiskriminierung verneinen - als die korrekten anpreisen. Der Arbeitgeberverband publiziert verzweifelt Studie um Studie. Die Nervosität ist mit Händen greifbar.
Abgesehen davon, dass die angepriesenen Methoden intransparent sind und ihre wissenschaftliche Unabhängigkeit mehr als fragwürdig, drängt sich die Frage auf, wovor die Bürgerlichen eine derartige Angst haben, wenn sie das Gespenst „Lohnpolizei“ heraufbeschwören. Wer die Ankündigung des Bundesrats für eine Gesetzesvorlage zur Bekämpfung der Lohndiskriminierung kennt, kann über dieses begriffliche Konstrukt nur lachen: Verlangt wird bloss eine regelmässige Überprüfung der firmeneigenen Lohnstruktur auf Diskriminierung, publiziert soll nur werden, ob das Unternehmen bestanden hat oder nicht, Details bleiben geheim. Wenn sogar dieses Bisschen Transparenz – die auch in Europa auf dem Vormarsch ist – den Bürgerlichen zu viel ist, lässt dies darauf schliessen, dass sie etwas zu verstecken haben. Die Arbeitgeber wollen sich weiterhin nicht in die Lohnkarten blicken lassen. Gleichzeitig behaupten sie, dass bei ihnen alles in Ordnung ist. Wenn dem tatsächlich so wäre, könnten sie der Gesetzesrevision ruhig entgegenblicken und sich ihre weisse Weste öffentlich nachweisen lassen.
Doch die Arbeitgeber schiessen lieber aus vollen Rohren gegen die anerkannte Methode der Regressionsanalyse und diffamieren deren Ergebnisse. Dies ist als Abwehrkampf gegen ein griffigeres Gesetz zu Lohngleichheit zu verstehen: Sie hauen den Sack und meinen den Esel. Damit sie nicht zugeben müssen, dass vielleicht tatsächlich ein Problem mit ihren Frauenlöhnen besteht.