Dieses Wochenende findet in Bern der 12. SGB-Frauenkongress statt. Er steht unter dem Motto «Gute Arbeit – gutes Leben». Über 200 Frauen werden Vorschläge und Wege diskutieren, wie sie dieses Ziel erreichen wollen.
Der Untertitel des Kongresses, „Wir Frauen zahlen eure Krise nicht“, zeigt nicht nur Selbstbewusstsein, sondern auch manifeste Gefahr. Immer mehr Menschen würden als Folge der Wirtschaftskrise durch Outsourcing und Stellenverlust in prekäre Arbeit gezwungen, meint das Thesenpapier, das ausdeutscht, was gutes Leben denn sei. Und es fährt fort: „Arbeit auf Abruf, befristete Anstellungsverträge und wiederholte Anschlussverträge […] bedeuten existenzielle Unsicherheit und Stress. Diese Spirale betrifft besonders Frauen.“
Fünf Mittel und Wege
Das Thesenpapier nennt die Strategien gegen die Abbauspirale. Es sind auch die Mittel und Wege, mit denen die Frauen „gute Arbeit und gutes Leben“ erreichen wollen. Mittel Nr. 1 sind faire Löhne und Lohngleichheit. Zu diesem Thema wird sich als Gast auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga am Kongress äussern. Die SGB-Frauen fordern mehr Tempo in der Beseitigung der Lohndiskriminierung und staatliche Lohnkontrollen. Denn die bisherige Kultur der Appelle und der Freiwilligkeit hat nur sehr mageren Fortschritt gebracht. Mittel Nr. 2 ist die Vereinbarkeit von Arbeit und Betreuung. Darunter gepackt ist auch ein Verbot von Arbeit auf Abruf. Zu stärken ist zum dritten der Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz und zu garantieren ist viertens die soziale Sicherheit im Alter. Darunter ist nicht nur AHVplus verstanden, sondern auch der Kampf gegen die drohende Erhöhung des Frauenrentenalters und eine Ausdehnung der Betreuungsgutschriften auf die Pflege von Angehörigen. Schliesslich ist das Recht auf gewerkschaftliche Betätigung zu gewährleisten.
Bewegung im Bundesrat?
Dieses Thesenpapier mit den fünf Forderungspaketen wird den roten Faden der Kongressdiskussionen bilden. Die einzelnen Inhalte werden aber auch in Ateliers vertieft. So kommen nicht nur mehr Stimmen zum Zug; die Frauen können ihre Erfahrungen auch direkt einbringen. „Gute Arbeit“ und „Auswirkungen der Krise“ werden zudem in längeren Referaten von Spezialistinnen behandelt. So wird die deutsche Industriesoziologin Alexandra Scheele versuchen, die gleichstellungspolitischen Anforderungen und Kriterien an „gute Arbeit“ auszubreiten, während ihre französische Kollegin Esther Jeffers auf die Frage antworten will, wie sich Frauen gegen die Auswirkungen der Krise wehren sollen. Wenn wir schon bei den Gästen sind: Am meisten Aufmerksamkeit dürfte mit Sicherheit Bundesrätin Sommaruga zuteilwerden. Gespannt warten die Delegierten, ob sie ihnen bundesrätliche Bewegung in Sachen Lohngleichheit wird signalisieren können.
Spannende Debatten
Kein Kongress ohne Resolutionen und Anträge, über die dann abgestimmt wird. Während die Resolutionen den tagespolitischen Aktualitäten gewidmet sind und hierbei etwa die klar ablehnende Haltung der SGB-Frauen zur SVP-Familien-, aber auch zur Abtreibungsinitiative bestätigen resp. festlegen dürften, sind die Anträge direkt auf den Themenkomplex „gute Arbeit“ bezogen. Zu notieren ist da, dass zwei Anträge den SGB auffordern, eine Volksinitiative für Gleichstellung zu lancieren. Das wird zu reden geben – über Inhalte, aber auch über Methoden. Und verspricht Spannung.