Ein Forschungsbericht des Bundes zeigt, dass das Gleichstellungsgesetz nach wie vor nur mangelhaft umgesetzt wird. Eine Mehrheit der Fälle wird zu Ungunsten der klagenden arbeitnehmenden Partei entschieden. Zeit für einen Paradigmenwechsel: Es braucht endlich Lohntransparenz und eine offizielle Behörde, die über die Umsetzung des Gleichstellungsgesetzes wacht!
Es hat sich wenig geändert. Bereits 2005 hatte eine Evaluation des Gleichstellungsgesetzes aufgezeigt, dass dieses nur mangelhaft umgesetzt wird. Für die klagende arbeitnehmende Partei stehen die Erfolgschancen von Verfahren nach Gleichstellungsgesetz inzwischen sogar noch schlechter: Während bis 2004 immerhin 42% der Urteile ganz oder mehrheitlich zu deren Gunsten ausfielen, waren es seither nur noch 37.5%. Und dies nicht, weil die beklagten Diskriminierungen ein Hirngespinst der KlägerInnen wären, sondern weil die Gerichte den Umgang mit dem Gleichstellungsgesetz nach wie vor zu wenig beherrschen. So haben diese etwa diskriminierende Kündigungen oft fälschlicherweise nach Obligationenrecht statt nach Gleichstellungsgesetz abgewickelt - ein Prozedere, dem die Beweislasterleichterung für die Klagenden zum Opfer fiel. Nach Gleichstellungsgesetz müsste die klagende Partei nämlich eine Diskriminierung nur glaubhaft machen, den Gegenbeweis müsste die beklagte Partei antreten - ein wichtiges Mittel im Kampf gegen Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts! Besonders stossend ist, dass die verlorenen Klagen die Klägerinnen oft noch Tausende von Franken kosten.
Klagen gegen Rachekündigungen chancenlos
Zu gewinnen gibt es also derzeit mit Klagen nach Gleichstellungsgesetz nur wenig. Wohl aber einen Arbeitsplatz zu verlieren: In 84% der untersuchten Fälle besteht das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Urteilsverkündigung nicht mehr. Wer nicht von selbst geht, erhält oft die Kündigung. Rachekündigungen sind zwar nach Gleichstellungsgesetz verboten, doch die Erfolgsaussichten entsprechender Klagen sind sehr gering: 11 von 12 solcher Klagen scheiterten im untersuchten Zeitraum.
Das Risiko für die einzelnen Arbeitnehmerinnen ist kleiner bei Verbandsklagen, die von Gewerkschaften und anderen Organisationen eingereicht werden. Verbandsklagen sind Feststellungsklagen, die Behebung der festgestellten Diskriminierung müssen trotzdem die Betroffenen einklagen, wenn die beklagten Arbeitgeber nicht von sich aus handeln. Kein Wunder, hat sich der Anteil der Verbandsklagen seit 2005 mehr als halbiert.
Mehr diskriminierende Kündigungen
Geändert hat sich seit 2005 vor allem die unrühmliche Rangliste der geltend gemachten Diskriminierungen: Damals war die Lohndiskriminierung Spitzenreiterin, gefolgt von sexueller Belästigung und erst an dritter Stelle diskriminierenden Kündigungen. Seit 2005 nun hat sich der Anteil letzterer auf einen Drittel verdoppelt, und sie stehen gemeinsam mit der Lohndiskriminierung an der Spitze der geltend gemachten Diskriminierungen. Die Hälfte dieser diskriminierenden Kündigungen sind eine Reaktion der Arbeitgeber auf Schwangerschaft und Mutterschaft. Das ist nicht tolerierbar.
Gleichstellungsgesetz revidieren
12 Jahre nach der ersten Evaluation des Gleichstellungsgesetzes zeigt auch die aktuelle Analyse, dass das Gesetz zwar ein wichtiger Fortschritt ist, seine Umsetzung aber eklatante Mängel hat. Die AutorInnen schliessen mit Empfehlungen für einen wirksamen Schutz vor Diskriminierung. Sie fordern etwa Lohntransparenz, behördliche Kontrollen der Umsetzung, eine Stärkung des Verbandsklagerechts sowie Schulungen für RichterInnen, Schlichtungsbehörden und AnwältInnen. Für viele dieser Forderungen setzen sich die Gewerkschaften schon lange ein - nun ist es an der Politik, mit der Revision des Gleichstellungsgesetzes endlich Nägel mit Köpfen zu machen!