Europa kann es und tut es

  • Gleichstellung von Mann und Frau
Artikel
Verfasst durch Regula Bühlmann

Mit Lohntransparenz gegen Diskriminierung

Lohntransparenz hilft bei der Umsetzung der Lohngleichheit und liegt im Trend. Das zeigt ein Blick über die Grenzen, der für die Schweiz eigentlich Ansporn sein müsste, sich zu sputen.

Die EU empfiehlt ihren Mitgliedsstaaten, die ihrerseits für die Umsetzung der Lohngleichheit zuständig sind, die Transparenz von Lohnsystemen zu fördern. Eine Interfacestudie von 2013 stützt diese Empfehlung: Lohntransparenz hat eine präventive Wirkung, die durch staatliche Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten noch gesteigert werden kann.

Schweden: alle 3 Jahre Gehälter überprüfen

Verschiedene europäische Länder gehen diskriminierende Löhne mit griffigen gesetzlichen Massnahmen an. Sie fahren gut damit. So verlangt beispielsweise das schwedische Antidiskriminierungsgesetz von 2009, dass die Arbeitgeber alle drei Jahre eine Gehaltsüberprüfung vornehmen, um diskriminierende Lohnunterschiede zu beheben. Weiter müssen Unternehmen mit mindestens 25 Beschäftigten unter Einbezug von Arbeitnehmendenorganisationen einen Aktionsplan für die Lohngleichheit erstellen. Schweden konnte so seit 2008 den Lohnunterschied um 1.7 Prozentpunkte auf 15.2% (2013) senken.

Auch Österreich verpflichtet die Unternehmen seit 2011 zur zweijährlichen Veröffentlichung von Berichten zur Lohnungleichheit. Diese ist in unserem Nachbarland rückläufig und konnte zwischen 2011 und 2012 um weitere 0.4 Prozentpunkte auf 18.2% verringert werden.

Belgien: alle 2 Jahre Analyse der Gehaltsstruktur

Belgien, das an sich schon eine tiefe Lohndifferenz (6.4% im Jahr 2012) aufweist, verabschiedete 2012 ein Gesetz zur Lohngleichheit. Dieses verlangt von den Unternehmen, dass sie Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen jährlich in einer Sozialbilanz darlegen und alle zwei Jahre eine vergleichende Analyse der Gehaltsstruktur von Frauen und Männern erstellen. Ergibt die Analyse diskriminierende Lohnunterschiede zuungunsten der Frauen, müssen die Unternehmen einen Aktionsplan dagegen ausarbeiten.

Europaweit sind zurzeit weitere Bemühungen im Gange, die Lohngleichheit auf gesetzlicher Ebene griffig zu verankern. Zuletzt in den Schlagzeilen war Deutschland, das noch 2015 einen Gesetzesentwurf mit dem Ziel der Lohntransparenz vorlegen will. Jede Beschäftigte soll das Recht haben zu erfahren, nach welchen Kriterien ihre Tätigkeit eingestuft wird. Ausserdem sollen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten künftig über ihre Aktivitäten zur Umsetzung der Lohngleichheit berichten müssen.

Schweiz: endlich handeln

Die öffentliche Diskussion um gesetzliche Massnahmen gegen die Lohndiskriminierung hierzulande blendet diese europäischen Trends aus. Sie vermittelt immer noch den Eindruck, dass die Schweiz mit der geplanten Gesetzesrevision riskantes Neuland betritt. Griffigere Massnahmen gegen ungleiche Frauen- und Männerlöhne seien wirtschaftsfeindlich und in der momentanen Situation der Frankenstärke sowieso nicht zu rechtfertigen.

Dabei steht es der Schweiz gut an, in der Gleichstellungspolitik für einmal nicht als europäisches Schlusslicht dazustehen, wie dies schon beim Frauenstimmrecht der Fall war. Vielmehr muss sie nun schleunigst die Weichen stellen: Schon heute liegt sie mit dem geschlechtsspezifischen Lohnunterschied von 18.9% weit über dem OECD-Schnitt (15.2%). Sie belegt auch europaweit einen der hintersten Ränge. Will sie den Anschluss an Europa nicht verpassen, muss die Politik rasch verbindliche Massnahmen inklusive Kontrollen und Sanktionsmöglichkeiten umsetzen.

Literatur:

OECD-Daten zu Lohndiskriminierung

EU-Kommission: Bekämpfung des Lohngefälles

Interface-Studie zu Kontroll- und Durchsetzungsinstrumenten

SGB-Dossier 79: Bekämpfung Lohndiskriminierung 

Zuständig beim SGB

Julia Maisenbacher

Zentralsekretärin

031 377 01 12

julia.maisenbacher(at)sgb.ch
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