Bundesgericht

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Bundesgericht zementiert Diskriminierung von LGBTI-Arbeitnehmenden

  • Gleichstellung von LGBT
Artikel
Verfasst durch Reto Wyss

Fehlurteil negiert gesellschaftliche Realitäten

In einem kürzlich publizierten Urteil hat das Bundesgericht die Beschwerde eines schwulen Armeeangestellten abgewiesen. Der SGB kritisiert die damit einhergehende, viel zu enge Interpretation des Gleichstellungsgesetzes. Es besteht nun dringend politischer Handlungsbedarf.

Einem Angestellten der Armee wurde im Jahr 2015 die Verlängerung seines befristeten Arbeitsvertrags verweigert. In der Folge machte der Mann geltend, dass ihm die Weiteranstellung aufgrund seiner Homosexualität verwehrt worden sei. Entsprechend reichte er eine Beschwerde auf der Basis des im Gleichstellungsgesetz verankerten Diskriminierungsverbots (Art. 3 GlG) ein. Das Bundesgericht wies diese Beschwerde in seinem Urteil (8C_594/2018) nun mit der Begründung zurück, dass sich Homosexuelle "nicht darauf berufen können, Opfer einer direkten Diskriminierung im Sinne des GlG geworden zu sein".

In einer Verkennung der Rechtslage interpretiert das Bundesgericht das GlG damit unnötig eng und schliesst besonders vulnerable Bevölkerungsgruppe wie LGBTI von seinem Anwendungsbereich aus. Dies im Widerspruch etwa zum "Kommentar zum Gleichstellungsgesetz" von Kaufmann / Steiger-Sackmann (Hrsg., 2009).

Diskriminierung in der Arbeitswelt ist auch in der Schweiz für viele LGBTI-Personen noch immer alltäglich gelebte Realität. Gemäss neusten Umfragen haben 70 Prozent der homosexuellen Arbeitnehmenden im Beruf in den letzten drei Jahren Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung erlebt. Bei Transpersonen sind Diskriminierungen – ja gar Kündigungen – aufgrund ihrer Geschlechtsidentität sogar noch häufiger.

Die Verweigerungshaltung des Bundesgerichts, LGBTI-Arbeitnehmenden den für sie durch das GlG gewährten Rechtsschutz zu garantieren, wiegt daher schwer. Anscheinend braucht es nun politische Schritte für die Schaffung eines expliziten Verbots von Diskriminierung im Erwerbsleben aufgrund von sexueller Orientierung (LGB), Geschlechtsidentität (T) und Geschlechtsmerkmalen (I). Dieses würde sich einreihen in die vom Parlament im Rahmen des Strafgesetzes bereits beschlossene Ausweitung des Diskriminierungsverbots auf das Kriterium der sexuellen Orientierung (Geschlechtsidentität und Geschlechtsmerkmale blieben hier jedoch leider aussen vor).

Dieses Urteil macht deutlich, dass in der Schweiz nicht nur die Rechtsetzung, sondern auch die Rechtsprechung der gesellschaftlichen Realität bzw. den Bedürfnissen von LGBTI-Personen immer noch deutlich hinterher hinkt. Im kürzlich wieder erschienen europäischen Ranking des internationalen LGBTI-Dachverbands zur rechtlichen und gesellschaftlichen Situation von LGBTI-Menschen verharrt die Schweiz denn auch auf dem 22. Rang (!) und liegt damit weit hinter den Nachbarländern Frankreich, Deutschland und Österreich. Handlungsbedarf besteht also genug!

Zuständig beim SGB

Reto Wyss

Zentralsekretär

031 377 01 11

reto.wyss(at)sgb.ch
Reto Wyss
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