Beharrlichkeit führt zu einer neuen Etappe

  • Gleichstellung von Mann und Frau
Artikel
Verfasst durch Christina Werder, SGB-Zentralsekretärin

Am 2. März 09 haben der Bundesrat und die Spitzen der Wirtschaftsverbände, darunter der SGB, den Lohngleichheitsdialog vereinbart. Hinter diesem Meilenstein in der Ge-schichte der Lohngleichstellung steht jahrelanger Einsatz, vor allem der Gewerkschaften. Ein Rückblick.

Das Gleichstellungsgesetz (GlG) ist am 1. Juli 1996 in Kraft getreten. Es soll die Durch­setzung des verfassungsmässigen Rechts auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit rea­lisieren und verbietet Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts im Erwerbsleben generell.

Zehn Jahre später wird die Wirksamkeit des Gleichstellungsgesetzes umfassend evaluiert. Ergebnis Nr. 1: die Löhne der Frauen sind im Durchschnitt deutlich tiefer als jene der Männer. Der standardisierte monatliche Bruttolohn (Median) der Frauen im privaten Sektor beträgt 4875 Franken im Jahr 2006, jeder der Männer 6023 Franken. Dies ent­spricht einer Lohndifferenz von 19.1 Prozent. Ergebnis Nr. 2: der Lohnunterschied zwi­schen Frauen und Männern nimmt ab, jedoch nur langsam. 1994 betrug er 23.8 Prozent. Ergebnis Nr. 3: die Angst vor Kündigung und Exponierung stellt das grösste Hindernis für die Geltendmachung einer Diskriminierung dar. Das Gleichstellungsgesetz überlässt es den betroffenen Arbeitnehmerinnen gegen Diskriminierung vorzugehen. 

Massnahmen sind nötig

Aufgrund dieser Ergebnisse beschliesst der Bundesrat im Februar 2006, mögliche staatli­che Instrumente zur Durchsetzung der Lohngleichhheit näher zu prüfen. Beispielsweise könnten Behörden mit entsprechenden Kompetenzen eine systematische Kontrolle der Löhne in den Unternehmen durchführen. An einem von der Bundesverwaltung organi­sierten Gleichstellungs-Hearing im Herbst 2007, an welchem die Sozialpartner teilneh­men, wird man sich einig, dass im Bereich der Lohngleichheit Massnahmen im Hinblick auf eine Beschleunigung des Prozesses notwendig sind. Die Sozialpartner beschliessen, im Dialog gemeinsam nach Lösungen zu suchen, wie die Beseitigung von Lohnungleich­heiten pragmatisch vorangetrieben werden könnte.

Lohngleichheitsdialog startet

Im Jahr 2008 treffen sich die Dachverbände der Arbeitnehmerorganisationen (Tra­vail.Suisse und Schweizersicher Gewerkschaftsbund) sowie der Arbeitgeberorganisatio­nen (Schweizerischer Gewerbeverband und Schweizerischer Arbeitgeberverband) unter der Leitung der Bundesverwaltung (Bundesamt für Justiz, Eidg. Büro für die Gleichstel­lung von Frau und Mann und Staatssekretariat für Wirtschaft) zu mehreren Sitzungen und schliessen eine Trägerschaftsvereinbarung ab. Mit dieser bekunden sie ihren Willen, die diskriminierenden Lohnungleichheiten zwischen Frauen und Männern möglichst rasch zu beseitigen. Die Arbeitgeberorganisationen wollen möglichst viele Unternehmen motivie­ren, ihre Löhne auf Lohndiskriminierung zu überprüfen und im Falle von Diskriminie­rungen Massnahmen zu deren raschen Beseitigung zu ergreifen. In Einzelvereinbarungen, die die jeweiligen Unternehmen mit Arbeitnehmerorganisationen bzw. gewählten Arbeit­nehmervertretungen abschliessen, werden die Modalitäten geregelt. Das Projekt dauert fünf Jahre. Nach zwei Jahren findet eine Zwischenevaluation statt.

Was ist zu tun – wie funktioniert es?

Die Teilnahme am Projekt „Lohngleichheitsdialog“ ist für die Unternehmen freiwillig. Voraussetzung für die Teilnahme ist eine Einzelvereinbarung. Die Anmeldung erfolgt durch das Unternehmen. Das Unternehmen schliesst mit einer Arbeitnehmerorganisation bzw. einer gewählten Arbeitnehmervertretung seines Betriebs eine Vereinbarung ab. Darin wird festgehalten, wie das Unternehmen seine Löhne überprüfen und welche Massnahmen in welchem Zeitraum es ergreifen wird, um allfällige Lohndiskriminierun­gen zu beseitigen. Für diesen Prozess stehen den Unternehmen eine ausführliche Doku­mentation sowie das kostenlose Selbsttestinstrument „Logib“ (Lohngleichheitsinstrument Bund) zur Verfügung. Zum Projekt gehört auch, dass jedes einzelne Unternehmen für die Durchführung einer Lohnüberprüfung immer eine sozialpartnerschaftlich zusammenge­setzte Begleitgruppe bilden muss. Für Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden, für welche die Anwendung einer statistischen Methode in der Regel nicht möglich ist, wird ein Merkblatt erarbeitet. Dieses macht die kleinen und mittleren Unternehmen auf die Problematik der geschlechtsspezifischen Lohndiskriminierung aufmerksam und zeigt ihnen Möglichkeiten zur Überprüfung und Beseitigung derselben auf.

Seitens der Arbeitnehmerorganisationen werden Christina Werder, Zentralsekretärin SGB, und Valérie Borioli, Travail.Suisse, im Steuerungsausschuss sowie Christine Mi­chel, Gleichstellungs- und Branchensekretärin Tertiär, Unia, im Projektteam vertreten sein. 

Equal Pay Day und Internationaler Tag der Frau

Fast schon symbolisch genau ist der Lohngleichheitsdialog vereinbart worden. Denn am 8. März findet der Internationale Tag der Frau, am 10. März der Equal Pay Day statt. Letzterer wird in vielen Ländern begangen, aber an jeweils anderem Tag: Je weiter vorne im Kalenderjahr dieser Tag liegt, umso mehr ist Lohndiskriminierung abgebaut. Am Equal Pay Day werden in allen grossen Schweizer Städten engagierte Gewerkschafts­frauen (und –männer) eine symbolische Einkaufstasche verteilen, die auf die unter­schiedlichen Löhne nach Geschlecht hinweisen. Auch für den 8. März werden Gewerk­schaften und Frauenorganisationen landauf landab spezielle Veranstaltungen organisie­ren. Ein Überblick ist ab 6.3.09 zu finden auf: www.sgb.ch

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