Zu wenig Europa und zu wenig Bewegung: Die europäische Gewerkschaftsbewegung fand keine Antwort auf die EU-Sparpolitik der letzten Jahre. Ein Aktionsprogramm soll sie wieder handlungsfähig machen.
Die harte Sparpolitik der EU in den letzten Jahren hat den Besitzstand der Lohnabhängigen in Irland oder Südeuropa um Jahre zurückgeworfen. Für die europäische Gewerkschaftsbewegung brachen damit harte Zeiten an. Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) zeigte sich hilflos, seine Lobbyarbeit lief in der EU-Kommission unter José Manuel Barroso ins Leere. Viele Gewerkschaften zogen sich ins Reduit ihrer Länder zurück und versuchten, dort das Schlimmste zu verhindern. Es ist offensichtlich: In der europäischen Gewerkschaftsbewegung gab und gibt es zu wenig Europa und zu wenig Bewegung.
So kann es nicht weitergehen - darüber waren sich alle einig am 13. EGB-Kongress, der vom 29. September bis zum 2. Oktober in Paris tagte. Der EGB müsse eine Gegenmacht zur EU-Kommission werden. Dazu brauche es europäisch koordinierte Aktionen, gegen den Abbau der Gewerkschaftsrechte und Kollektivverträge, für Investitionen und Arbeitsplätze für Millionen Arbeitslose. Über das Wie herrschte allerdings eine gewisse Ratlosigkeit. Die SGB-Delegation sprach sich für eine europäische Mindestlohnpolitik aus und forderte vom EGB eine Kampagne gegen Lohn- und Sozialdumping. Zum Beispiel mit der Unterstützung der Bürgerinitiative gegen Lohndumping, welche die europäische Transportarbeiterföderation (ETF) soeben lanciert hat.
Für die Aufbruchstimmung, die zum Schluss des Pariser Kongresses aufkam, steht die neue, verjüngte Führung mit dem italienischen Generalsekretär Luca Visentini und dem Präsidenten Rudy de Leeuw von der kämpferischen belgischen CGT. Die Diskussion darüber, wie der EGB aktionsfähiger werden kann, hat in Paris begonnen. Dabei helfen soll das verabschiedete Aktionsprogramm, das die Positionen des EGB zu den zukünftigen Herausforderungen definiert. Aus Paris kommt Hoffnung auf neue Bewegung bei den Gewerkschaften in Europa. Hoffnung, die der SGB und seine Gewerkschaften als Teil dieser Bewegung mittragen wollen.