An über 50 Orten der Schweiz sind am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, die Menschen auf die Strasse gegangen und haben Politik und Wirtschaft aufgefordert, die Sorgen der kleinen Leute ernst zu nehmen. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB), dessen Gewerkschaften an quasi allen diesen Anlässen beteiligt sind, hat die diesjährigen 1. Mai-Feiern unter das Motto "Zukunft für alle. Sozialer. Gerechter." gestellt.
In allen Landesgegenden haben die Menschen für mehr und sicherere Jobs, für gerechte Löhne und bessere Renten, für Gleichstellung, für einen vollwertigen Service public und gegen eine Wildwest-Flexibilisierung der Arbeitszeiten demonstriert. Die Redner/innen der Gewerkschaften riefen dazu auf, am 24. September der Altersvorsorge 2020 zuzustimmen - als einem Kompromiss, der mit dem AHV-Ausbau, der besseren Versicherung der Teilzeitarbeit in der zweiten Säule und dem verunmöglichten Ausschluss älterer Arbeitslosen aus der Pensionskasse auch wichtige Fortschritte bringt.
Zitate aus 1.Mai-Reden
In Baden rief SGB-Präsident Paul Rechsteiner dazu, Altersvorsorge 2020 zu unterstützen. Denn: "Aus einer Vorlage, welche die AHV geschwächt hätte, ist eine geworden, die die AHV stärkt. [...] Die Rentenerhöhung um 840 Franken pro Jahr für Alleinstehende und bis zu 2'712 Franken pro Jahr für Ehepaare ist aber nicht nichts. Wer die Verbesserung der AHV-Renten lächerlich zu machen versucht, der hat keine Ahnung vom Leben der Leute. [...] Sichere Renten, bessere Renten für die Zukunft, eine solide und erst noch preisgünstige Finanzierung: Das ist das Positive der Rentenreform für die AHV."
In Bern bekannte sich Unia-Präsidentin und SGB Vize-Präsidentin Vania Alleva für gute Arbeit: "Wir wehren uns mit allen Mitteln gegen die Entwertung der Arbeit. Wir bestehen darauf, dass Schutzbestimmungen für die Arbeit erhalten bleiben und auch technologische Neuerungen abdecken. [...] Gewinnen können wir diese Kämpfe für gute Arbeit nur, indem wir über unsere unterschiedlichen individuellen Probleme hinaus immer wieder das Gemeinsame finden."
In Bülach geisselte VPOD-Präsidentin Katharina Prelicz Huber Staatsabbau, Steuergeschenke und Sparpolitik: "Wir fordern einen qualitativ guten Service public, gute Arbeitsbedingungen und Löhne mit Lohngleichheit, Vereinbarkeit von Erwerbs- und Betreuungsarbeit, gesicherte Renten, gleiche Chancen und Partizipation für alle, unabhängig von Herkunft und Geschlecht."
In Basel erinnerte VPOD-Generalsekretär Stefan Giger an die historischen Erfolge der Gewerkschaften seit dem Generalstreik 1918. Altersvorsorge 2020 gehöre in diese Reihe pragmatischer Erfolge. Denn "sie bringt die AHV in schwarze Zahlen zurück, damit ist das Gerede um Rentenalter 67 abgeschlossen. Ältere Arbeitslose am 58 Jahren haben neu das Recht, in der Pensionskasse zu bleiben und später eine Rente zu beziehen. Und die vorzeitige Pensionierung wird erleichtert: In der AHV wird künftig auch ein teilweiser Rentenvorbezug möglich."
In Burgdorf wies SGB-Sekretariatsleiter Daniel Lampart darauf hin, dass sich gewerkschaftliches Engagement lohne: "Wenn wir Gewerkschaften kämpfen, haben wir Erfolge. Diese Erfolge sind nicht nur für die Berufstätigen wichtig. Sondern für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung. Sogar der IWF kommt - etwas spät zwar - zum Schluss, dass überall, wo es repräsentative Gewerkschaften gibt, die Einkommensentwicklung gerechter ist."
Unia-GL-und SGB-PA-Mitglied Corrado Pardini forderte in St. Gallen, dass "endlich der mörderische Franken zu zähmen und der digitale und ökologische Umbau anzustossen sei. [...] Verweigern Regierung und Arbeitgeber diese Politik, könnte die Digitalisierung in der Schweiz bald 100'000 Arbeitsplätze kosten. Umgekehrt könnte eine gestaltete Vierte Industrielle Revolution der Schweiz immense Chancen öffnen. Sie könnte die Arbeit leichter und besser machen. Ökologische Vorteile bringen. Neue Industrien schaffen."
Doris Bianchi, stellvertretende Leiterin des SGB-Sekretariates, wies in Zug auf die Gefahr der Arbeitszeit-Flexibilisierung hin: "Angeführt von den Arbeitgebern planen die bürgerlichen Parteien, das Verbot der Nacht- und Sonntagsarbeit zu verwässern. Grosse Teile der Mitarbeitenden sollen die Arbeitszeiten nicht mehr aufschreiben dürfen. Arbeit rund um die Uhr wird so legal. Dagegen werden wir Gewerkschaften uns wehren."
In Luzern fordert SGB-Zentralsekretärin Regula Bühlmann ein griffiges Gleichstellungsgesetz: "Doch sogar einer zahnlosen Revision erwächst massiver Gegenwind. Bürgerliche und Arbeitgeberorganisationen schreien laut "Lohnpolizei!" - und merken nicht wie lächerlich das ist: Eine Polizei, die weder kontrollieren noch Bussen aussprechen darf! Eines geht dabei vergessen: Lohndiskriminierung ist kein Kavaliersdelikt, Lohngleichheit ist kein Schönwetterprogramm, sondern ein Verfassungsauftrag!"
In Roveredo begann Syndicom-GL- und SGB-PA-Mitglied Giorgio Pardini seine Rede mit einem dialektischen Witz: "Ein Firmenchef zeigt einer Gewerkschafterin seine neuen Roboter und fragt sie: "Und, wie willst Du die Roboter nun dazu bringen, zu streiken?" Da fragt die Gewerkschafterin zurück: "Und wie willst du es anstellen, dass die Roboter deine Autos kaufen?""
Auskunft
Ewald Ackermann, 031 377 01 09 oder 079 660 36 14