Am 25. bis 27. September treffen sich die höchsten Regierungsvertreter an der Uno-Generalversammlung in New York, um die „Agenda für eine nachhaltige Entwicklung im Hinblick auf das Jahr 2030“ formell zu verabschieden. Die neue Agenda verleiht der sozialen Dimension einen zentralen Platz.
Die neue, mit breiter Beteiligung der Zivilgesellschaft ausgehandelte Agenda soll die „Millenniumsziele 2001-2015“, ein Programm für Bekämpfung von Armut in den Entwicklungsländern, ersetzen. Das ablaufende Programm hat einige wichtige Teilerfolge vorzuweisen, es hat viel beigetragen zur Halbierung der extremen Armut, zur Bekämpfung von Krankheiten und zu mehr Bildungschancen.
Die neue Agenda hält nicht nur Entwicklungs- und Schwellenländer an, die vereinbarten neuen 17 Ziele umzusetzen. Die Geberländer werden ebenfalls in die Pflicht genommen. Auch die Schweiz wird ihre Politik an diesen Zielen messen lassen müssen. Und das gilt dann auch für die Innenpolitik. Wer die neue Agenda respektiert, wird die Energiewende 2050 nicht verwässern können.
Decent work verankert
Zum ersten Mal verbindet die Weltgemeinschaft die Bekämpfung von Armut mit Nachhaltigkeit. Die Bewahrung unseres Planeten bekommt einen hohen Stellenwert. Und auch zum ersten Mal findet die soziale Dimension der Nachhaltigkeit ihren richtigen Platz. Dank der intensiven Lobby-Arbeit der internationalen Gewerkschaftsbewegung und der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) ist es gelungen, die Kernanliegen der IAO-Entwicklungsagenda „Decent Work“ zu verankern. Dabei geht es nicht nur um die Vollbeschäftigung und eine würdige Arbeit für alle, sondern auch um Jugendbeschäftigung, gleiche Rechte für Mann und Frau, den Umgang mit Migration, die Bekämpfung der Kinder- und der Zwangsarbeit (169 Mio. Betroffene) sowie die Förderung eines „sozialen Basisschutz, dringend vor allem in den Schwellenländern. Besonders erfreulich ist, dass die einflussreiche Schweizer Verhandlungsdelegation aktiv geholfen hat, die soziale Dimension aufzuwerten. Selbstverständlich war dies nicht: Die erste Botschaft des Bundesrates zur internationalen Entwicklungszusammenarbeit 2013-2016 hat die soziale Dimension noch ausgeblendet.
Die neue „ Agenda 2030“ gibt den Rahmen für die Entwicklungspolitik der einzelnen Länder. Die Erfahrung mit den Millenniumszielen zeigt, dass ein solcher Ansatz wirksam sein kann. Allerdings lässt der fehlende verpflichtende Charakter einer solchen internationalen Vereinbarung den zahlreichen unwilligen Länder und Diktaturen dieser Welt zu viel Spielraum. Zwar sieht diese Agenda Messgrössen für die Zielerreichung sowie Implementierungsinstrumente vor, nicht aber eine gegenseitige Begutachtung oder sonstige Überprüfungsmechanismus von aussen.
Finanzierung als grosse Herausforderung
Neben der offiziellen Entwicklungshilfe geht es bei der Finanzierung der Agenda neu um eine stärkere Mobilisierung der inländischen Ressourcen, weiter dann auch um die Erleichterung der Geldüberweisungen (Rimessen) von MigrantInnen und die Rückführung von veruntreuten Geldern. Bezüglich internationale Steuerzusammenarbeit und Schuldenrestrukturierung blieben die Beschlüsse hinter den Erwartungen der Entwicklungsländer zurück. Der stärkere Einbezug der Privatwirtschaft – vor allem in Form der privat-öffentlichen Zusammenarbeit - wird von Regierungskreisen sehr positiv bewertet. Gewerkschaften und NGO sind wesentlich kritischer. Sie befürchten einerseits, dass damit der Druck auf die offizielle Entwicklungshilfe im Rahmen von Sparprogrammen in den Geberländern noch steigen wird, und dass Profitinteressen zu Missbräuchen in der Entwicklungszusammenarbeit führen werden. Enttäuschend ist vor allem, dass neue Fiskalinstrumente, wie die viel diskutierte internationale Finanztransaktionssteuer, nicht verankert werden konnten.
Der Paradigmenwechsel hin zu einer nachhaltigen Entwicklung könnte vor allem an der ungenügenden Finanzierung scheitern. Umso mehr wird es vom Engagement der Zivilgesellschaft und der Gewerkschaften abhängen, ob die „Agenda 2030“ ihre Ziele wirklich erreichen wird.