„Sous le drapeau syndical“

  • Schweiz
Artikel
Verfasst durch Thomas Zimmermann

Fahnen – Spiegel der Gewerkschaftsgeschichte

Selten ist in Schweizer Museen die Geschichte der Arbeiterbewegung Gegenstand einer Ausstellung. Im Espace Arlaud in Lausanne ist es wieder einmal so weit. Im Zentrum steht eine ausserordentliche Sammlung von Gewerkschaftsfahnen. Sie bietet Anlass, die Entwicklung der Gewerkschaften zu beleuchten. „Sous le drapeau syndical“ ist ein guter Grund für eine Festtagsreise an den lieblichen Genfersee.

Hellblau, grün, weiss, dunkelblau, orange und natürlich rot. Farbenprächtig, mit meist goldenen Lettern auf edlen Stoffen hängen die Embleme der Gewerkschaftsbewegung zu Dutzenden in den Räumen des Museums in Lausannes Stadtzentrum. Es sind Zeugnisse einer stolzen Bewegung. Zeugnisse für den seit Mitte des 19. Jahrhunderts andauernden Kampf für gute Arbeitsbedingungen, anständige Löhne und eine gerechte Gesellschaft.

Von grün zu rot

Die Exponate stammen grösstenteils aus der Sammlung der Gewerkschaft Unia, die mit der Restaurierung der Fahnen den Anstoss für die Ausstellung gab. Zu sehen ist etwa die älteste, noch erhaltene Waadtländer Gewerkschaftsfahne – jene der Schreinerei-Angestellten, die sich 1852 zusammenschlossen, um mit den Patrons über die Reduktion der Arbeitszeit von 13 auf 12 Stunden pro Tag zu verhandeln. Auch Unerwartetes ist präsent: etwa die Gewerkschaft der Käsereiangestellten, die auf der einen Seite ihrer Fahne aus dem Jahr 1906 einen Käser im Sennenkittel zeigt und auf der anderen Seite mit der Losung „L’Union fait la Force!“ (gemeinsam sind wir stark) für Freundschaft, Gleichheit, Brüderlichkeit wirbt. Während diese zwei Fahnen aus weissem, grünen und braunem Stoff sind, dominieren bei anderen Gewerkschaften immer öfter rote Stoffe und Embleme. Denn seit der Bildung der Pariser Kommune 1871 (La Commune de Paris) gilt Rot als internationales Symbol des unterdrückten Volkes. Nicht zufällig ist deshalb auch eine Fahne der Commune in Lausanne zu sehen.

Illustration des Wandels

Während jahrzehntelang auf den Fahnen Arbeitsinstrumente als Symbole dominieren, kommt es ab den 1980er Jahren zu einem stilistischen Bruch: In den Vordergrund rücken grafische Umsetzungen der Gewerkschafts-Abkürzungen, so wie sie alle heutigen Gewerkschaften kennen. An den Fahnen lässt sich nicht nur die ästhetische Entwicklung ablesen. Sie illustrieren auch den tiefgreifenden Wandel von der Berufsgewerkschaft zur Gewerkschaft ganzer Sektoren oder gar von mehreren Sektoren. Die Ausstellung zeichnet nicht nur die Gewerkschaftsgeschichte nach. Sie zeigt parallel anhand weiterer zahlreicher Dokumente, wie sich die Arbeitsbedingungen entwickelt haben.

„Sous le drapeau syndical“

Bis 25. Januar 2015 im Espace Arlaud, Place de la Riponne 2, Lausanne. Eintritt : 6 Franken. Freier Eintritt unter 16 Jahre. Öffnungszeiten : Mittwoch-Freitag: 12-18 Uhr; Samstag/Sonntag/Feiertage: 11-17 Uhr. Anreise: per Metro M1 ab Bahnhof bis Riponne.

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Premier secrétaire et économiste en chef

031 377 01 16

daniel.lampart(at)sgb.ch
Daniel Lampart
Top