Jammern über den Mindestlohn und auf Mitleid hoffen

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Verfasst durch Ewald Ackermann

Wirte, Coiffeure, Bergbahnunternehmer mit billigen Methoden

Im Abstimmungskampf zur Mindestlohn-Initiative treibt die Phantasie der Gegner mitunter bunte Blüten. Die einen sagen massenhaft Jugendliche voraus, die keine Lehre mehr antreten werden. Andere wiederum jammern darüber, dass sie ihre Betriebe dichtmachen müssten. Nur: sie haben nicht Recht.

Zu den Jammerern vom Dienst gehören die Wirte. Immer wieder verkünden Wirte in Zeitungsspalten, dass ihr Ende als Unternehmer nahe. Grund: der Mindestlohn von 4000 Franken pro Monat. Ihr Betrieb könne so einen Mindestlohn nicht zahlen.

Im Gastgewerbe arbeiten heute rund 215‘000 Angestellte. 46‘000 von ihnen kommen noch nicht auf den geforderten Mindestlohn. Von all diesen arbeiten:

·         rund 10‘000 mit normaler Arbeitszeit (42 h). Ihre Löhne wären zwischen 2 bis 4 % anzuheben.

·         rund 18‘000 in der Saison-Hotellerie (43,5 h). Ihre Löhne wären im Schnitt um 6 % anzuheben.

·         rund 18‘000 in Kleinbetrieben (bis 45 h). Ihre Löhne wären im Schnitt um 9 % anzuheben.

Da die Initiative den Betrieben 3 Jahre Zeit lässt, um den Mindestlohn einzuführen, können sich die Wirte also ein etappenweises Umsetzen erlauben. Damit können sie die nötigen Lohnerhöhungen durchaus verkraften. Die Branche hat übrigens in jüngster Vergangenheit schon Lohnverbesserungen anderen Ausmasses verkraftet.

Dasselbe gilt für die Coiffeure. Auch sie werden ihre Preise nur so moderat erhöhen müssen, dass die Kunden kaum etwas davon merken. Die Schlangen von Konsumenten, die sich ihre Haare im Ausland schneiden lassen und sich dabei nur mehr dort ihr regelmässiges Auswärtsmenu genehmigen, schleichen nur in der Phantasie der Mindestlohngegner über die Grenzen.

Dasselbe gilt für die Bergbahnen. Vor allem die Bündner Bergbahnen wehren sich mit der gleichen Leier wie die Wirte gegen korrekte Mindestlöhne. In Bern jedoch gilt diese Weisheit nicht. Denn dort haben mehrere Bergbahnen zusammen mit der betreffenden Gewerkschaft SEV einen Gesamtarbeitsvertrag abgeschlossen, der einen Mindestlohn von 4000.- vorsieht.

All die Jammerer zielen auf Mitleid. Manchmal finden sie es sogar. Real dagegen sind die Probleme der Tieflohnbeschäftigten, die mit ihren Salären kaum über die Runden kommen. Sie verdienten Mitleid. Und mehr Lohn.

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Premier secrétaire et économiste en chef

031 377 01 16

daniel.lampart(at)sgb.ch
Daniel Lampart
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