Am 14. November schalteten die Gegner der Steuergerechtigkeits-Initiative in nur sieben Zeitungen für über 155‘000 Franken Inserate. Sie gaben somit an einem einzigen Sonntag mehr als die Hälfte des Budgets der Befürworterseite aus. Es handelt sich bei diesem Beispiel nur um eine Momentaufnahme von einem mehrere Millionen Franken teuren Abstimmungskampf gegen die Steuervorlage.
Die Vorlage sei gescheitert, weil sie schlecht sei. Die Millionen teure Kampagne sei nicht der Grund für das Volks-Nein, heisst es auf der Gegnerseite. Denn das Volk lasse sich nicht kaufen.
Es ist richtig, die Stimmbürgerinnen und –bürger entscheiden selber. Damit sie dies tun können, brauchen sie aber Informationen. Solche sind für ihre Entscheidfindung nötig. Eine funktionierende Demokratie muss gewährleisten, dass beiden Seiten ihre Argumente einigermassen ans Volk bringen können.
Richtig ist auch, mit dem dickeren Geldbeutel lässt sich eine Abstimmung nicht zwangsläufig gewinnen. Das zeigte etwa die Abstimmung über die geplanten Rentensenkungen diesen Frühling. Die Gewerkschaften bodigten diese Vorlage gemeinsam mit der Linken, indem sie mit vielen Basisaktivitäten die unterschiedlich langen Spiesse etwas kompensierten. Doch eine aufwändige Kampagne kann – nach Ansicht vieler Experten – den Ausschlag für eine Seite geben, wenn beide Lager fast gleich stark sind.
Ins Grübeln kommt man, wenn man liest, dass die Redaktion des „Tages-Anzeigers“ offenbar aus der Verlagsetage heraus gezwungen wurde, nicht nur einen Pro- sondern auch einen Contra-Kommentar zur Steuergerechtigkeits-Initiative zu publizieren. Oder während der Abstimmungskampagne über die Unternehmenssteuerreform II gab es laut Gewerkschaft „comedia“ massiven Druck von SVP-Milliardär Walter Frey. Er soll den „Blick“ mit einem Inserateboykott bedroht haben, weil ihm dessen Berichterstattung über diese Steuerreform nicht gepasst habe. Die UBS soll im „Sonntag“ wegen ungenehmer Berichterstattung zeitweise nicht mehr inseriert haben.
Bei einem Volumen von gemeinsam über einer Viertel Milliarde Franken jährlich sind Banken, Versicherungen und Pharma wichtige Werbekunden der Medien. Wen wundert‘s, dass dies Lust weckt, hierfür mehr als nur den gekauften Werbeplatz zu erhalten.
Fehlende Transparenz
Ein weiterer heikler Punkt bei der Finanzierung von Abstimmungskampagnen ist die häufig fehlende Transparenz darüber, wer diese finanziert. Der Absender will damit seinen eigenen Interessen zum Durchbruch verhelfen. Deshalb ist seine Identität für die Einordnung einer Information wichtig. Die grössten Abstimmungskampagnen in der Schweiz können sich Economiesuisse und die SVP leisten. Economiesuisse wird hauptsächlich finanziert von Banken, Versicherungen und Pharma. Doch weder dieser Wirtschaftsdachverband noch seine Hauptgeldgeber fungieren auf ihren Kampagnenmaterialien als Absender. Man stelle sich vor, wenn die Plakate mit der Empfehlung, für eine Kürzung bei den Arbeitslosen zu stimmen, mit einem Logo der UBS versehen gewesen wären. Vielleicht hätte diese Transparenz die nötigen wenigen Prozente für das Nein-Lager gebracht.