Nach Zimmerwald im Jahr 1915 trafen sich Vertreter/innen der sozialistischen Opposition ein gutes halbes Jahr später, in der letzten Aprilwoche 1916, zu einer Nachfolgekonferenz in Kiental. Erneut ging es gegen den Krieg und für eine Wiedergeburt des Klassenkampfs.
100 Jahre später gibt es einige Gedenkveranstaltungen. In Bern ist am 22.4.2016 ein Podium "Friedenspolitik der Frauen" anberaumt. Am Folgetag wird im Kientaler "Bären", in dem Grimm, Lenin und ihre Gefährt/innen vor 100 Jahren logierten und diskutierten, an einer Tagung über "Mut für den Frieden" diskutiert. Am Sonntag 24.4. findet im gleichen "Bären" die Vernissage zur Ausstellung "100 Jahre Kientaler Friedenskonferenz: Grimm und Lenin in Kiental" statt. Weiteres ist geplant. - Doch worum ging es seinerzeit in Zimmerwald und Kiental?
Der Feind ist nicht der Arbeiter jenseits der Grenze
Kurz gesagt um den Versuch, die sozialistischen Parteien, die 1914 den Ausbruch des Krieges nicht bekämpft hatten, wieder auf Antikriegs- und Klassenkampfkurs zu bringen. Der Feind sei nicht der Arbeiter jenseits der Grenze sondern der Boss in der Nähe. Eine sehr gewichtige Rolle bei dieser Organisation der SP-Opposition spielt Robert Grimm, der spätere Präsident des Oltener Aktionskomitees im Generalstreik. Er trommelt mehr als 40 Vertreter diverser linker SP-Flügel zu einer Geheimkonferenz zusammen. Sie findet im September 1915 in Zimmerwald statt, einem Bauerndorf südlich von Bern. Am 24. bis 30.4.1916 wird die 2. Konferenz in Kiental, im Berner Oberland, abgehalten.
Lenin in der Minderheit
Berühmtester Teilnehmer ist aus heutiger Optik Lenin. Lenin will den Krieg nutzen, um in gewaltsamer Erhebung die Macht zu ergreifen. Die "linken Zentristen" rund um Grimm jedoch wollen den Krieg beenden. Sie wollen zwar den Klassenkampf, aber nicht den gewaltsamen Umsturz. Lenin kann sich an den beiden Konferenzen nicht durchsetzen, gilt aber als Anführer der Zimmerwalder Linken. 1917 jedoch gelingt in Russland die bolschewistische Revolution. In der 3. Konferenz der Zimmerwalder Bewegung, die im September 1917 in Stockholm stattfindet, kommt es dann zum Bruch zwischen der Linken und den Zentristen - und bald darauf auch zu dem zwischen Kommunisten und Sozialisten.
Weltgeschichte im Dorf
"Zimmerwald" und "Kiental" sind damit Teil der Weltgeschichte, eine bedeutende Station der linken Geschichte, des innerlinken Bruchs und des linken Engagements gegen den Krieg. Aus Schweizer Sicht spiegelt die Bewegung aber auch das politische Talent von Robert Grimm. Und sie zeigt den Beginn einer militanten Ausrichtung der Schweizer Arbeiterbewegung an, die nur drei Jahre später im Generalstreik gipfeln sollte. Deshalb verwundert nicht, dass vor allem die Robert-Grimm-Gesellschaft bei der Organisation von Gedenkanstalten führend ist.