Nach den Irrwegen des Bundesrates ins Kontingentssystem hat nun die staatspolitische Kommission des Nationalrates die Kohlen aus dem Feuer geholt und endlich einen Vorschlag zur so genannten Umsetzung des Art. 121a BV ("Masseneinwanderungsinitiative") gemacht, der mit den Bilateralen Verträgen vereinbar ist.
Kontingente und Höchstzahlen haben in der Vergangenheit zu Schwarzarbeit und prekären Arbeitsbedingungen geführt. Und sie stehen im Widerspruch zu den Bilateralen Verträgen, was für die Arbeitsplätze und die Löhne in der Exportwirtschaft eine Gefahr darstellt. Kontingente und Höchstzahlen wären schlecht für die Arbeitnehmenden in der Schweiz. Mit der Meldepflicht für offene Stellen hat die Kommission einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Zahlreiche Länder in Europa wie Belgien, Luxemburg, Schweden u.a. haben mit einer solchen Massnahme bereits positive Erfahrungen gemacht. Davon profitieren vor allem Arbeitslose, die bei der Stellensuche benachteiligt sind, wie beispielsweise ältere Berufsleute.
Nicht nachvollziehbar ist jedoch, warum die Meldepflicht nicht gleich dauerhaft eingeführt wird, sondern erst dann in Kraft tritt. In der Schweiz sind bereits heute so viele Personen auf Stellensuche wie kaum zuvor - darunter auch viele ältere Erwerbslose, die besonders grosse Mühe haben, wieder eine Stelle zu finden.
Das ausgesprochen knappe Ja zur Masseneinwanderungsinitiative am 9. Februar 2014 war Ausdruck davon, dass sich viele Berufstätige in der Schweiz Sorgen um die Löhne und die Arbeitsplätze gemacht haben, aber erstmals bei einer Vorlage zur Personenfreizügigkeit keine neuen Gegenmassnahmen beschlossen wurden. Das muss nun korrigiert werden.
Bund, Kantone und Sozialpartner müssen die Missbräuche der Personenfreizügigkeit rasch und konsequent beseitigen. Und zwar mit nicht-diskriminierenden, arbeitsmarktlichen Massnahmen, die mit den Bilateralen vereinbar sind. Es braucht einen besseren Schutz der Löhne, u.a. über mehr Lohnkontrollen, höhere Bussen bei Missbräuchen sowie einen Abbau der bürokratischen Hürden bei der Allgemeinverbindlich-Erklärung von GAV. Ältere Arbeitnehmende müssen besser gegen Kündigung geschützt werden. Weiter sollen sich die öffentliche Hand und die Arbeitgeber stärker an den Kosten der ausserhäuslichen Kinderbetreuung beteiligen, damit Beruf und Familie einfacher unter einen Hut zu bringen sind. Und der Bund muss die vorliegenden Vorschläge zur Berufsausbildung von Erwachsenen endlich umsetzen.