Mehr Demokratie verspricht die AUNS mit ihrer Initiative „Staatsverträge vors Volk!“. Das genaue Gegenteil wäre der Fall, sollte die Initiative am 17. Juni angenommen werden.
Die AUNS stört sich daran, dass das Parlament Staatsverträge verabschieden kann, ohne sie zwingend dem Volk vorlegen zu müssen. Oder wohl viel eher daran, dass es überhaupt Staatsverträge abschliesst und die Schweiz international nicht möglichst stark isoliert. Um dem Abhilfe zu schaffen, lancierte die dem rechten Rand der SVP nahestehende Organisation die Volksinitiative „Staatsverträge vors Volk!“. Ihr Inhalt: jeder Staatsvertrag soll zwingend dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden müssen.
Jeder – also auch die 96 % völlig unbestrittenen Verträge, welche in den letzten 90 Jahren abgeschlossen wurden. Darunter Highlights wie das Lugano-Übereinkommen vom 30. Oktober 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit, die Anerkennung und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen oder das Haager Übereinkommen vom 5. Juli 2006 über die auf bestimmte Rechte an intermediär verwahrten Wertpapieren anzuwendende Rechtsordnung.
Schon heute können wir bei den meisten Staatsverträgen das Referendum ergreifen und dadurch eine Abstimmung herbeiführen. Seit 1921 wurde davon bei 257 Staatsverträgen lediglich zehn Mal Gebrauch gemacht, zwei Mal nur wurde der Staatsvertrag in der Folge abgelehnt. In allen anderen Fällen waren die Verträge völlig unbestritten. Dank dem fakultativen Referendum konnten wir also bei den umstrittenen Verträgen mitreden, wurden aber gleichzeitig vor 247 unnötigen Abstimmungen verschont.
Das will die AUNS nun ändern. Mindestens einen zusätzlichen Abstimmungssonntag soll es pro Jahr geben und an den übrigen jeweils noch etwas dickere Post und noch mehr technisch und juristisch komplizierte Vorlagen, über die es den Überblick zu behalten gilt. Wie förderlich das für die Stimmbeteiligung wäre, kann sich wohl jeder und jede selber denken. Bei der AUNS scheint Quantität eben wichtiger zu sein als Qualität.
Der wirklich entscheidende Punkt ist jedoch, dass beim obligatorischen Referendum das einfache Stimmenmehr nicht reicht. Es setzt auch das Ständemehr voraus – also die Zustimmung einer Mehrheit der Kantone. Dadurch würde es zu einer Verzerrung des Volkswillens kommen. So ist beim Ständemehr die Stimme einer Appenzell Innerrhodnerin über 70 Mal gewichtiger als die eines Zürchers. Den kleinen Kantonen würde also ein übermässiges Gewicht in der Aussenpolitik zukommen, die grossen, bevölkerungsreichen Kantone hingegen zögen den Kürzeren – und mit ihnen ihre Bevölkerung.
Die AUNS-Initiative hält nicht mal ansatzweise, was sie verspricht. Anstatt mehr Demokratie bringt sie eine Flut unnötiger Abstimmungen und eine Verzerrung des Volkswillens. Der AUNS mag das in ihrem Bemühen nach Isolation gerade recht kommen. Doch wir lassen uns nicht täuschen. Darum NEIN zur Initiative „Staatsverträge vors Volk“ am 17. Juni!