In der kommenden Session wird der Ständerat die Ecopop-Initiative diskutieren. Diese suggeriert mehr Nachhaltigkeit. Bewirken wird sie wohl das Gegenteil, nämlich mehr prekäre Arbeitsverhältnisse und mehr Umweltverbrauch. Warum das?
Die Ecopop-Initiative will das Wachstum der sogenannten „ständigen Wohnbevölkerung“ über eine Begrenzung der Einwanderung beschränken. GrenzgängerInnen und KurzaufenthalterInnen wären von der Beschränkung ausgenommen. Denn zur ständigen Wohnbevölkerung gehören nur ausländische Staatsangehörige, welche eine Daueraufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung haben (B- bzw. C-Bewilligungen). Wenn wegen der Ecopop-Initiative B- und C-Bewilligungen beschränkt wären, würden die Schweizer Arbeitgeber auf GrenzgängerInnen oder KurzaufenthalterInnen ausweichen. Das wäre sowohl ein soziales als auch ein ökologisches Problem.
Eine Kurzaufenthaltsbewilligung ist mit einem befristeten Arbeitsvertrag verbunden. Die betroffenen KurzaufenthalterInnen wären somit in ständiger Angst nicht nur die Arbeit in der Schweiz, sondern auch ihr Aufenthaltsrecht zu verlieren. Die prekären Arbeitsverhältnisse würden zunehmen. Unter Druck sind manche KurzaufenthalterInnen bereit, beim Lohn Zugeständnisse zu machen. Im früheren Kontingentssystem verdienten beispielsweise Saisonniers für die gleiche Arbeit fast 15 Prozent weniger als Arbeitskräfte mit einem Schweizer Pass. Die Ecopop-Logik hätte daher Lohndruck zur Folge. Zunächst für die Betroffenen, später aber auch für die Einheimischen, wenn die Arbeitgeber die tieferen Löhne der Kurzaufenthalter auch bei den Einheimischen durchzusetzen versuchen.
Wenn die Arbeitgeber vermehrt Grenzgänger einstellen, steigt die Umweltbelastung. Es ist möglich, aus London oder Warschau als Grenzgänger in der Schweiz zu arbeiten – man muss einfach einmal in der Woche nach Hause zurück. Die Betroffenen haben zwei Wohnungen – eine in der Schweiz und eine zuhause. Und sie legen teilweise grosse Strecken zurück. Manche sogar mit dem Flugzeug. Selbst wenn die Grenzgängerzonen wieder wie früher auf Gebiete in der Nähe der Schweizer Grenze eingeschränkt werden, dürfte die Ökobilanz negativ sein. Man muss nur einmal die Staus im Feierabendverkehr in den Grenzgebieten anschauen.
Die Ecopop-Initiative beinhaltet einen grundsätzlichen Denkfehler. Sie will über eine Beschränkung der Einwanderung in der kleinen Schweiz Nachhaltigkeitsziele erreichen. Das kann nur schief gehen. Denn eine Person, die einwandert, ist schon auf der Welt. Wenn sie sich im Herkunftsland punkto Umweltbelastung gleich verhält wie in der Schweiz, ändert sich an der globalen Umweltbelastung insgesamt gar nichts. Denn die Umweltbelastung kennt keine Landesgrenzen. Wandert die Person aus Deutschland in die Schweiz ein, könnte sich unter Umständen die globale Ökobilanz sogar verbessern. Nämlich dann, wenn sie weniger Auto und mehr Zug fährt. In Deutschland wird gemäss offiziellen Statistiken tendenziell mehr Auto gefahren, während der ÖV-Anteil in der Schweiz höher ist.
Die Ecopop-Intiative ist daher abzulehnen. Sie ist eine Fehlkonstruktion - mit negativen Folgen für die Arbeitnehmenden und für die Umwelt.