Abbau des sozialen Europa bekämpfen

  • Gewerkschaftspolitik
Artikel
Verfasst durch Jean Christophe Schwaab, SGB-Zentralsekretär, und Vasco Pedrina, SGB-Vertreter i

Vom 16. bis zum 20. Mai fand in Athen der 8. Kongress des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) statt. Er verabschiedete eine Strategie gegen den Abbau des sozialen Europa.

Die Behörden der EU und der Mitgliedstaaten reagieren auf die Euro-Krise mit einem „Europakt“, der für die Lohnabhängigen dramatische Konsequenzen nach sich zieht. Die Sparmassnahmen haben die Rezession in den betroffenen Ländern verstärkt. Es droht nun eine Steigerung der Schuldenzinsen und der Arbeitslosigkeit. Die Gefahr ist hoch, dass diese Länder und ihre Bevölkerung sich noch mehr verschulden. Das soziale Europa und sogar das Projekt der europäischen Einheit sind hoch gefährdet. Die Schweiz wird davon nicht verschont bleiben. Sie ist bereits von den Angriffen gegen die ArbeitnehmerInnenrechte aus dem verstärkten EU-Stabilitätspakt sowie einigen Urteilen des EU-Gerichtshofs betroffen.

Gegen diese Politik der Demontage hat der EGB-Kongress in Athen eine Resolution verabschiedet. Sie fordert eine sofortige und grundsätzliche Änderung der EU-Haltung gegenüber der Krise. Sie fordert die Stärkung der Hilfe für die sich in Schwierigkeiten befindenden Länder, einen ambitiösen europäischen Investitionsplan, die Ausgabe von EU-Obligationen (um den Druck auf die betroffenen Länder zu senken), die Entwicklung einer nachhaltigen Industriepolitik, unterstützt von einer Steuerreform inkl. Finanztransaktionssteuer. 

Wie der EGB denunziert der SGB die Folgen des „Europaktes“, welcher bald angenommen werden soll, insbesondere dessen lohnpolitische Bestimmungen. Diese neuen Regeln schränken die Autonomie der Sozialpartner stark ein. Sie drücken die Löhne und die Renten nach unten. Für den SGB ist klar: Wir müssen die Mobilisierung des EGB gegen dieses „Lohnkorsett“ weiterhin unterstützen, bis zur Endabstimmung über den „Europakt“ und darüber hinaus. Nur koordinierte Mobilisierungen und Streiks können diesen neoliberalen und unsozialen Trend stoppen.

Dieser Abbau des sozialen Europas erfordert eine neue juristische Verankerung des Arbeitnehmerschutzes in der EU. Eine solche ist auch dringend nötig, um die Offensive der EU-Behörden gegen unsere Dumping-Schutzmassnahmen zur Personenfreizügigkeit zu stoppen. Die Schweizer Gewerkschaften haben deshalb dem EGB vorgeschlagen, eine „Europäische Bürgerinitiative“ (EBI) nach neuem Lissaboner Vertrag zu lancieren. Ihr Titel: „Für ein Europa ohne Sozialdumping – Soziale Grundrechte vor Binnenmarktfreiheiten“. Diese EBI soll den EU-Behörden den Auftrag geben,

  • dem EU-Vertrag ein Protokoll des sozialen Fortschritts beizufügen, welches den sozialen Grundrechten wie erwähnt den Vorzug gibt und 
  • in der Ausführungsgesetzgebung – insbesondere der Richtlinie über die Entsendung von ArbeitnehmerInnen – den Grundsatz „gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit“ am Ausführungsort der migrierenden Arbeitskräfte zu verankern.

Der EGB-Kongress hat den Antrag zu einer europaweiten Kampagne angenommen, den EBI-Vorschlag aber nur zur Prüfung entgegengenommen. Der SGB wird seine Überzeugungsversuche innerhalb des EGB fortsetzen. Denn er bleibt überzeugt, dass eine EBI breit sensibilisierte und so ein Druckmittel würde, das den nötigen politischen Bruch herbeiführen könnte. 

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

031 377 01 16

daniel.lampart(at)sgb.ch
Daniel Lampart
Top