Wie Phönix aus der Asche – die LIPA-Idee bahnt sich ihren Weg

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Artikel
Verfasst durch Jean Christophe Schwaab, SGB-Zentralsekretär

2003 ist die Lehrstelleninitiative (LIPA) beim Volksentscheid tief getaucht. 2009 schwimmt die zentrale Forderung der LIPA, jene nach Berufsbildungsfonds, in einigen Kantonen wieder obenauf: ein Beispiel dafür, dass sich Beharrlichkeit lohnt wird und eine Niederlage zum Ausgangspunkt vieler kleiner Siege werden kann.

Trotz guter und bunter Kampagne erntete die Lehrstelleninitative (LIPA) am 18. Mai 2003 nur 30 % Ja. Sie war lanciert worden von der Gewerkschaftsjugend, den Jusos und der SAJV (Schweiz. Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände). Der SGB hatte tatkräftig unterstützt. Zum schlechten Resultat beigetragen hatte zweifellos, dass der Bundesrat dem Souverän gleich 9 (!) Vorlagen unterbreitete und die vereinigte Rechte so uniform für eine undifferenzierte antilinke NEIN-Stimmung sorgen konnte. Ein Debakel für die Berufsbildung? Kurzfristig ja.

Mittlerweile acht kantonale Berufsbildungsfonds

Heute jedoch sieht man klar, dass die Volksinitiative massiv gewirkt hat. Der Beweis: Immer mehr Kantone führen Berufsbildungsfonds ein. Berufsbildungsfonds nach dem Muster „Wer nicht ausbildet, der muss zahlen“ waren die zentrale Forderung der LIPA. Dieses Modell eines solidarischen Lastenausgleichs zwischen allen Unternehmen (und nicht nur den ausbildenden) hatte sich bereits in den Kantonen Genf, Freiburg und Neuenburg bewährt. Seit der LIPA-Abstimmung führten fünf weitere Kantone Berufsbildungsfonds ein: Wallis und Jura (2007), Zürich (08), Tessin und Waadt (09). Die bürgerlich dominierten Parlamente in diesen fünf Ständen waren jeweils überzeugt von der Effizienz solcher kantonaler Fonds. Denn Fonds, zu denen alle Unternehmen beitragen, von denen aber nur die ausbildenden profitieren können, bestrafen „Abrahmerfirmen“ oder bieten ihnen gar einen Anreiz selbst auszubilden. Nur im Jura und in Zürich musste das Volk den Berufsbildungsfonds zustimmen – und es tat dies klar: Die Referenden aus Arbeitgeberkreisen wurden deutlich versenkt.

Drei weitere Kandidaten

Dennoch ist nicht jeder Widerstand gebrochen. In BS, SO und SG etwa, wo Gewerk-schaften und SP solche Fonds verlangen, sperren sich die bürgerlichen Parteien dagegen, manchmal mit der Begründung, sie würden Branchenfonds bevorzugen. Diese Fonds beruhen auf der gleichen solidarischen Finanzierungsgrundlage wie die kantonalen; sie sind aber auf eine einzige Branche beschränkt. In der Regel handelt es sich dabei um Branchen, in denen die duale Ausbildung bereits gut entwickelt ist. Zusammen genommen werden allerdings durch die Branchenfonds nur 8 % der Lohnabhängigen abgedeckt. Der kantonale Fonds dagegen hat den Vorteil, alle Branchen zu fördern, auch solche, in denen bisher kaum ausgebildet wurde, dies aber gut möglich wäre.

Diese Ausführungen belegen, dass sich sowohl die LIPA wie auch die fortgesetzten Bemühungen der Gewerkschaften für mehr Lehrstellen gelohnt haben. Diese Bemühungen werden auch weiterhin nötig sein. Denn den kantonalen Berufsbildungsfonds steht nunmehr ein harter Krisentest bevor: sie werden zeigen müssen, dass sie Mittel zugunsten von mehr Lehrstellen frei machen können – von den gleichen Unternehmen, die entlassen! 

Zuständig beim SGB

Nicole Cornu

Zentralsekretärin

031 377 01 23

nicole.cornu(at)sgb.ch
Nicole Cornu
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