Ausgelöst durch die Lehrstellenkrise wurde 2005 auf Druck der jugendgewerkschaftlichen Lehrstelleninitiative, lipa, und auf Vorschlag des SGB u.a. die nationale Lehrstellenkonferenz (NLK) eingesetzt. Sie sollte Massnahmen zur Schaffung von Lehrstellen beschliessen. Es entstand eine Art jährlicher runder Tisch unter Leitung des Volkswirtschaftsdepartementes, mit den Spitzen der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) und der Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Dachverbänden.
Lehrstellenbarometer: durchzogene Bilanz
Die Zunahme des Lehrstellenangebots um 3000 und der vergebenen Lehrstellen um 1000 im Vergleich zum August 2009 ist erfreulich. Allerdings interessierten sich 2000 Jugendliche mehr für eine berufliche Grundbildung. Deshalb hat sich die „Warteschlange“ (die Brückenangebote) nur um 500 zurückgebildet. Oder mit anderen Worten: immer noch kriegen 13 % aller Jugendlichen, die sich für eine Berufsbildung interessieren, keine Lehrstelle.
Die Angebote im Bereich der zweijährigen beruflichen Grundbildung sind mit 3500 Lehrstellen immer noch deutlich zu tief.
Besorgniserregend ist die Entwicklung bei den offen gebliebenen Lehrstellen: Die Antwort der Unternehmer, „nur ungeeignete Bewerbungen erhalten“ zu haben, ist von 58 auf 69 Prozent geklettert. Hingegen ist die Antwort „keine Bewerbungen erhalten“ von 33 auf 19 Prozent zurückgegangen. Das bedeutet, dass die Selektion bei den Arbeitgebern nochmals verschärft worden ist.
Deshalb mussten sich auch diesen Sommer die Jugendlichen durchschnittlich 15mal und jene, die eine Lehrstelle erhalten haben, 17mal (!) bewerben. 10 Prozent von jenen Jugendlichen, die sich für eine Lehrstelle interessieren, hatten am Stichtag 31.8.10 keine Lösung; und 5 Prozent aller Schulabgänger/innen konnten keine verbindliche Angabe zum weiteren Bildungsverlauf machen!
Das Lehrstellenbarometer vom 31.8.10 bestätigt damit zweierlei. Zum ersten führt der leichte Rückgang der 16jährigen immer noch nicht zu einer deutlichen Verbesserung auf dem Lehrstellenmarkt. Zum zweiten: Der oft beschworene „Wettbewerb“ zwischen Allgemein- und Berufsbildung findet kaum statt.
Die Konsequenzen
Paul Rechsteiner, SGB-Präsident, forderte an der NLK drei Punkte ein. Sie wurden aufgenommen.
- Sämtliche aufgegleisten Fördermassnahmen der letzten Jahre sind weiter zu führen. Die Angebote der individuellen Begleitung für die zweijährigen Grundbildungen müssen auch auf die drei- und vierjährigen ausgedehnt werden. Die Lehrbetriebsverbünde, insbesondere im Bereich der zweijährigen Grundbildungen, müssen zusätzlich gefördert werden.
- Im Jahr 2011 ist dem Ziel, 95 Prozent der Schulabgänger/innen zu einem Berufs- oder allgemeinbildenden Abschluss zu führen, deutlich näher zu kommen. Seit einigen Jahren verharrt die Abschlussquote bei knapp 90 Prozent.
- Der Bund verpflichtet sich, spätestens ab 2012 die gemäss Berufsbildungsgesetz seit dem 1.1.08 fälligen 25 Prozent an die öffentlichen Ausgaben der Berufsbildung zu zahlen, was einer zusätzlichen Bundesausgabe von rund 100 Millionen entspricht
Jetzt muss der Bundesrat zur Umsetzung dieser Punkte Hand bieten.
Stärkung der höheren Berufsbildung
Erstmals thematisierte die NLK die höhere Berufsbildung. Diese wichtigen Abschlüsse (höhere Fachschulen, „Meisterprüfungen“ usw.) sind einerseits international nicht bekannt und damit auch nicht anerkannt. Anderseits geraten sie teilweise unter Druck der Fachhochschulen. Die NLK war sich darin einig, dass die höhere Berufsbildung mit neuen Massnahmen im Bereich der Anerkennung und der Finanzierung durchaus eine Zukunft habe. Der SGB fordert hier, zusammen mit KV Schweiz, dass die Studierenden - und dabei insbesondere die Frauen – mit Bildungsgutscheinen zu fördern seien.