Wer mit den Bilateralen spielt, spielt mit unseren Arbeitsplätzen

  • Flankierende Massnahmen und Personenfreizügigkeit
Artikel
Verfasst durch Ewald Ackermann

Soll die Schweiz die Personenfreizügigkeit weiterführen und auf Bulgarien und Rumänien ausdehnen? Über diese Frage entscheiden am 7. Februar die SchweizerInnen. Der SGB sagt entschieden JA. Weil er dafür gesorgt hat, dass Barrieren vor Lohndumping schützen. Diese Barrieren vertragen keine Schlupfwinkel.

Eigentlich ist Freiheit ja immer gut. Auch Personenfreizügigkeit und damit das Recht, ohne übermässigen Formularkrieg und Behinderungen zuhauf im Ausland arbeiten zu können. Nur: was auf den ersten Blick dem initiativen Individuum nur Vorteile verspricht, birgt im realen Arbeitsmarkt ein grosses Potential an Gefahren. Menschen, die in einem wirtschaftlich deutlich besser gestellten Land arbeiten können, sind eher bereit, zu schlechteren als dort üblichen Bedingungen zu arbeiten – weil man ja noch immer mehr verdient als zuvor. Und Arbeitgeber im Migrationszielland können frohlocken, so ein billig(er) abspeisbares Arbeitsangebot zu finden. Wegen dieser Gefahren war für den SGB von allem Anfang an klar: Der Personenfreizügigkeit wird nur zugestimmt, wenn griffige flankierende Massnahmen Lohndumping eindämmen.

Flankierende Massnahmen schützen Löhne und Arbeitsbedingungen

Die Gewerkschaften haben mit ihrer Programmatik von „Freizügigkeit ja – aber nicht auf Kosten der Arbeitsbedingungen“ einige Erfolge eingefahren. Dank den flankierenden Massnahmen kontrollieren heute schweizweit 150 InspektorInnen die Arbeitsbedingun-gen. Sie können auch Bussen aussprechen. In den Kantonen und beim Bund wachen tripartite Kommissionen über den Arbeitsmarkt. Stellen sie Druck auf die Schweizer Löhne fest, können sie Mindestlöhne einführen. In den Kantonen Genf und Tessin wurden Mindestlöhne für KosmetikerInnen, Haushalts­hilfen und Call-Center-MitarbeiterInnen erlassen. Gleichzeitig konnten dank den flankierenden Massnahmen in den letzten Jahren wichtige Gesamtarbeitsverträge (Reinigung, Sicherheit und Holzbau) allgemeinverbindlich er­klärt werden. Schwarze Schafe von Unternehmen haben damit die üblichen Arbeitsbedingungen einzuhalten. Schliesslich ist es den Gewerkschaften gelungen, die flankierenden Massnahmen in den letzten Monaten wesentlich zu verbessern. 

Bilaterale Verträge unverzichtbar für die Schweizer Lohnabhängigen

Wir können aber auch anders fragen: Was passiert bei einem NEIN anfangs Februar? Die Antwort ist offensichtlich: Die bilateralen Verträge würden fallen, zumindest für geraume Zeit. Das hätte gravierende Folgen. Denn die Schweiz ist als kleines Land auf geregelte Verhältnisse und eine enge Zusammenar­beit mit der EU angewiesen. Beides garantieren die Bilateralen Verträge. Ohne sie wären viele Arbeitsplätze hierzulande und auch das Lohnniveau gefährdet, sei es durch sinkende Einnahmen der Exportwirtschaft oder sogar Auslagerungen. 

Nicht mit dem Feuer spielen

 Die Behörden haben also Recht, wenn sie so die tatsächlichen Vorteile der bilateralen Verträge  preisen. Gleichzeitig wären sie aber sehr gut beraten, tatkräftig dafür zu sorgen, dass jegliches Lohndumping ausgeschlossen wird. Trotz seinem klaren Bekenntnis zu einem Ja hält der SGB deshalb klar daran fest, dass es im Bereich Temporäre eine Vollzugsoffensive braucht. Und Bundesrat Merz sei in Erinnerung gerufen, dass sein Vorschlag eines neuen zweigeteilten Beschaffungsrechtes nicht nur Gift für den sozialen Frieden sondern auch ein Risiko für normalisierte Beziehungen zur EU darstellt.

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

031 377 01 16

daniel.lampart(at)sgb.ch
Daniel Lampart
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