Wenn die öffentliche Hand einkauft, müssen faire Arbeitsbedingungen Standard sein.

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Verfasst durch Thomas Fastermann

SGB bezieht Stellung zur BöB-Totalrevision

Die öffentliche Hand, also Bund, Kantone und Gemeinden, spielen für die Schweizer Wirtschaft eine grosse Rolle. Rund 8 Prozent des Bruttoinlandprodukts werden durch ihre Anschaffungen und Aufträge generiert. Vom öffentlichen Beschaffungswesen hängen über 300‘000 Arbeitsplätze ab. Die Marktmacht von Bund, Kantonen und Gemeinden ist darum wesentlich für den Schweizer Arbeitsmarkt. Umso wichtiger sind Regeln für das öffentliche Beschaffungswesen, die dafür sorgen, dass die Beschäftigten bei den Lieferanten und Produzenten zu anständigen Löhne und Arbeitsbedingungen angestellt sind und sozialpartnerschaftliche Regelungen eingehalten werden.

Mit der jetzt vorliegenden Botschaft zur Totalrevision des Beschaffungswesens des Bundes, die jetzt im Nationalrat beraten wird, wird aber das genaue Gegenteil vorgeschlagen. Dagegen wehren sich der Schweizerische Gewerkschaftsbund zusammen mit Travail.Suisse, Unia und Syna.

Zentrale Forderungen aus Sicht der Arbeitnehmenden sind der Erhalt des Leistungsortsprinzips, die Begrenzung der Subunternehmerinnen-Kette, die Einhaltung der GAV und der Einbezug öffentlicher Unternehmen.

Gleicher Lohn am gleichen Ort!
Wenn es nach dem Ständerat ginge, würde es künftig in der Schweiz mehr Lohndumping geben. Die Schlüsselworte lauten Leistungsortsprinzip oder Herkunftsortsprinzip, ob also einheitlich das Lohnniveau am Ort der Leistung gilt oder die unterschiedlichen Niveaus je nach Herkunft der Bietenden als Referenz gelten sollen. Kurz:  Es geht also um die Frage, ob es einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmen unter gleichen Bedingungen gibt oder ob es zu einem schädlichen Wettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten kommt, der am Ende auf eine Abwärtsspirale hinausläuft. Für den SGB und die Gewerkschaften ist darum klar, dass am fairen Leistungsortprinzip festgehalten werden muss.

Keine Sub-Sub-Sub-Subunternehmensketten
Man muss nicht alles selbst erledigen. Gerade im Baubereich haben viele gute Erfahrungen mit Generalunternehmen gemacht. Diese koordinieren und tragen Verantwortung für die Einhaltung von Kosten- und Zeitrahmen, erbringen aber nicht sämtliche Leistungen selbst. Sie vergeben zum Beispiel den Rohbau an die eine Firma, die Dachdeckerleistungen an eine andere und die Sanitärarbeiten an eine weitere. Gegen eine solche Regelung mit Subunternehmen ist im Grundsatz nichts einzuwenden. Keinen Sinn macht es hingegen, wenn die öffentliche Hand eine unendliche Kette von Subunternehmerinnen zulässt, der Fliesenleger ein Subunternehmen beauftragt, das nochmals ein Subunternehmen beauftragt.

So geht jede Übersicht über die Einhaltung von Arbeits- und Lohnbedingungen verloren. Je länger die Subunternehmerinnen-Kette, desto wahrscheinlicher sind Fälle von Lohn- und Sozialdumping. In letzter Zeit ist es immer häufiger bei solchen Konstrukten zu missbräuchlichen Konkursen, Konkursdelikten und Betrugsfällen gegenüber Sozialversicherungen gekommen. Es braucht darum einen klaren Entscheid im Parlament: Es darf nur eine Subunternehmerinnen-Ebene für die gleiche Leistung geben – so wie es auch die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Ständerats gesehen hatte. Denn so kann Missbrauch und Betrug begrenzt werden.

GAV-Regeln müssen nachprüfbar angewandt werden
Weiter sollen sich die öffentlichen Bauherren die GAV-Konformität der Anbieter bestätigen lassen. Auf Grundlage der tatsächlich erfolgten Kontrollen kann von den paritätischen Vollzugsorganen der GAV einfach bestätigt werden, dass die Anbieterin und allfällig die Subunternehmerin auf Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen kontrolliert und keine Verstösse festgestellt wurden. Eine entsprechende Formulierung wurde bereits in der Entsendeverordnung entwickelt, ist also praktikabel und sorgt für Transparenz und Sicherheit.

Gleiche Regeln für öffentliche Unternehmen
Ob ein Service public von einer staatlichen Institution oder in der Rechtsform eines öffentlich kontrollierten Unternehmens angeboten wird, darf für die Standards bei der Beschaffung keine Qualitätsunterschiede machen. Nur mit einer Unterstellung von Unternehmen wie der Swisscom unter die Regeln des öffentlichen Beschaffungswesens kann sichergestellt werden, dass Aufträge künftig nur an Unternehmen vergeben werden, die sich an die orts- und branchenüblichen Arbeits- und Lohnbedingungen halten.

Umgekehrt dürfen öffentliche Pensionskassen wie die Publica nicht dem Böb unterstellt werden. Für die sozialpartnerschaftlich organisierten PK gelten andere Rechtsgrundlagen. Eine Unterstellung unter das BöB würde den Spielraum der Stiftungsräte in einem bereits extrem schwierigen Umfeld gesetzeswidrig und inakzeptabel einschränken.

Fazit
Wenn die öffentliche Hand einkauft, müssen faire Arbeitsbedingungen Standard sein. Die geplante Totalrevision des BöB muss dafür die Grundlage schaffen, dass mit öffentlichem Geld soziale Standards nicht gefährdet, sondern gesichert werden. Die Gewerkschaften appellieren daher an den Nationalrat, sich für entsprechende Regelungen stark zu machen.

Zuständig beim SGB

Luca Cirigliano

Zentralsekretär

031 377 01 17

luca.cirigliano(at)sgb.ch
Luca Cirigliano
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