Wenn der Arbeitsplatz zum eigenen Grab wird

  • Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Artikel
Verfasst durch Doris Bianchi, SGB-Zentralsekretärin

Jährlich sterben über 2 Millionen Menschen wegen ihrer Arbeit, darunter 12'000 Kinder. Über 160 Millionen erkranken wegen der Arbeit. Gefährliche Substanzen töten jährlich 340'000 Beschäftigte, während 100'000 Menschenleben allein auf das Konto von Asbest gehen. - Der 28. April ist den tödlich verunglückten, den verunfallten und wegen ihrer Arbeit erkrankten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewidmet.

Diese „stille“ Tragödie spielt sich weit entfernt vom Scheinwerferlicht der Medien ab und rüttelt die Gesellschaft kaum auf. Auch in der Schweiz sind tödliche Arbeitsunfälle nur ein paar Zeitungszeilen wert, und arbeitsbedingte Erkrankungen werden leichtfertig als unausweichlich angenommen. Dabei sind die Zahlen auch für die Schweiz erschreckend:

2007 verunglückten 111 Personen tödlich bei der Arbeit. 136 Arbeitnehmende starben an einer anerkannten Berufskrankheit, 108 alleine wegen Asbest. Damit weist die Schweiz ein hohes Todesfallrisiko aus. Mit 2.3 tödlichen Arbeitsunfällen pro 100'000 Vollbeschäftigte liegen wir weit über England (1.4), Deutschland (1.9) oder Frankreich (2.0). In Italien, wo tödliche Arbeitsunfälle jeweils hohe Wellen schlagen, liegt das Risiko mit 2.6 nicht wesentlich höher als in der Schweiz.

Dass Arbeit töten kann, wird auch in der Schweiz allzu gerne verdrängt. Wir wünschen uns eine sichere Fahrt und sagen häufig zueinander „Fahr vorsichtig“. Aber kaum jemand sagt „Pass bei der Arbeit auf“. Arbeitsunfälle werden als Kollateralschaden aufgefasst, für die dann die Unfallversicherung aufzukommen hat. Dabei ist vor allem der Arbeitsunfall meistens kein Zufall. Hinter einem Arbeitsunfall oder ungesunden Arbeitsbedingungen stehen meistens Zeitdruck, Sparmassnahmen und mangelnde Information und Ausbildung. Immer wieder stehlen sich die Arbeitgeber von ihrer Verantwortlichkeit, sichere und gesunde Arbeitsbedingungen zu garantieren, heraus. Denn schliesslich gilt ein solches Fehlverhalten immer noch als Kavaliersdelikt und die Eigenverantwortung der Arbeitnehmenden wird als Vorwand für eine lasche Umsetzung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes genommen.

Vision 250 Leben

Immerhin haben die Suva und die kantonalen Arbeitsinspektorate den Handlungsbedarf erkannt und im 2009 eine Präventionskampagne zur Verringerung der Todesfälle lanciert. Die Kampagne „Vision 250 Leben“ hat das Ziel, das Todesfallrisiko in der Schweiz bis 2015 zu halbieren. Der SGB unterstützt diese Kampagne ausdrücklich, denn diese zielt  auf eine Stärkung der Betriebskontrollen ab. Der SGB fordert schon lange, dass im Bereich Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit die Kontrolltätigkeit intensiviert wird. Gleichzeitig werden der SGB und seine Verbände ebenfalls kleinere Informationsprojekte innerhalb dieser Kampagne führen.

Internationaler Gedenktag

Der internationale Gedenktag am 28. April bietet Gelegenheit, sich dem menschlichen Leid bewusst zu werden, das hinter jedem einzelnen Arbeitsunfall und jeder arbeitsbedingten Erkrankung steckt. Er wird seit 1996 von der internationalen Gewerkschaftsbewegung begangen und ist von der Internationalen Arbeitsorganisation sowie 20 Staaten als offizieller Gedenktag anerkannt. Die Schweiz hat sich diesen Staaten noch nicht angeschlossen. Der SGB wird entsprechende Vorstösse an die Hand nehmen. Der 28. April ist jedoch mehr als nur ein Tag, an dem früherer Opfer gedacht wird. Er soll für die Sensibilisierung und Information über sichere und gesunde Arbeitsbedingungen genutzt werden. So hat der Internationale Gewerkschaftsbund den diesjährigen 28. April unter dem Motto „Gewerkschaften machen Arbeit sicherer“ gestellt. Den Gewerkschaften kommt eine zentrale Rolle bei der Schaffung von sicheren und gesunden Arbeitsbedingungen zu. Denn Arbeitsunfalle und arbeitsbedingte Erkrankungen sind keine individuellen Probleme oder Schicksalsschläge, sie haben stets eine kollektive Dimension und können nur gemeinsam gelöst werden.

Zuständig beim SGB

Luca Cirigliano

Zentralsekretär

031 377 01 17

luca.cirigliano(at)sgb.ch
Luca Cirigliano
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