Das Dilemma stellt sich vor allem für Frauen: wählen zu müssen zwischen Erwerbsarbeit und Familienpflichten. Eine Mehrheit der Frauen wählt heute die Mixlösung Teilzeiterwerb gekoppelt an die primäre Verantwortung für die Familie. Das Dilemma aber bleibt. Es äussert sich für die Frauen so: Teilzeitarbeit bedeutet sehr oft –bei Trennung vom Partner fast immer – mangelnde soziale Absicherung. Vollzeiterwerb und Familie lassen sich hingegen meist nicht unter einen Hut bringen.
Arbeitszeit kürzen
Die Forderung ist deshalb simpel: Es braucht kürzere Arbeitszeiten. Dadurch würde es auch mehr vollzeitig erwerbstätigen Männern ermöglicht, sich intensiver den Familienpflichten zu widmen. Das Papier widersetzt sich damit nicht der weiteren, dringend notwendigen Förderung von familienergänzender Kinderbetreuung. Es kann aber dem „flächendeckenden Outsourcing der Familienarbeit zu Gunsten einer möglichst langen und flexiblen Erwerbsarbeit“ keine gewerkschaftliche Perspektive abgewinnen.
Bewusstseinswandel
Das Papier nennt keine Zahl als Ziel bei der Wochenarbeitszeit, es verlangt einen entsprechenden Bewusstseinswandel: Die Verbände sollen eine Arbeitszeitverkürzung aus Vereinbarkeitsoptik als prioritäre Forderung in die GAV-Verhandlungen tragen. Flankiert werden soll dies mit einem Recht auf Reduktion der Arbeitszeiten aufgrund von Betreuung und dem Recht auf Urlaub bei längerer Pflege von Angehörigen (nicht nur Kindern, sondern z.B. auch Eltern).
Verlangt werden zudem planbare und verlässliche Arbeitszeiten. Der Mutterschaftsurlaub soll von heute 14 auf neu 18 Wochen verlängert, ein Vaterschaftsurlaub von 8 Wochen neu eingeführt werden. Die Gewerkschaften sollen hier sowohl den Weg über das Gesetz wie auch über den GAV gehen.
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