Und schon wieder ein Salamischnitt!

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  • Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Artikel
Verfasst durch Jean Christophe Schwaab, SGB-Zentralsekretär

Und wieder erfolgt ein weiterer Schritt hin zur 24 Stunden- und 7 Tage-Konsumgesellschaft. Diesmal betrifft es Tankstellenshops. Probleme bei Nachtarbeit? Diese blenden die vom andauernden Konsumbedürfnis Getriebenen einfach aus.

Wenn sich ein Mythos in den Köpfen der Bürgerlichen festgesetzt hat, dann wohl jener, dass die Gesellschaft heute ohne Unterbruch funktioniere, also 24 Stunden pro Tag und 7 Tage die Woche. Die Bedürfnisse der Konsument/innen verlangten deshalb nach einer Anpassung der Ladenöffnungszeiten. Wer am Lack dieses Mythos kratzt, wer die Rechte der betroffenen Arbeitnehmenden verteidigt, wird von diesen Kreisen rasch als archaisch und von der Moderne abgekoppelt diffamiert. Nur: niemand stellt die viel beschworene „bedeutende Entwicklung der Konsumentenbedürfnisse“ fest oder eine „unvermeidbare Tendenz“ zu einer Gesellschaft, die nie ruht. Der Rhythmus „Arbeit tags während der Woche, Freizeit nachts und am Wochenende“ ist nach wie vor überaus dominant (ausser bei den Notfalldiensten). 

Gesundheit nicht auf dem Altar des Profits opfern

Das Arbeitsgesetz (ArG) basiert auf der sozialen Realität, wenn es grundsätzlich Nacht- und Sonntagsarbeit verbietet – ausser bei dringendem und ausreichend erwiesenem Bedarf. Die Gerichte erinnern regelmässig daran, dass die Gesundheit und das soziale Leben der Arbeitnehmenden dem Profit der grossen Warenhäuser oder den behaupteten „Konsumentenbedürfnissen“ vorangehen. 

Wirtschaft und bürgerliche Parteien wissen, dass ein frontaler Angriff auf diesen arbeitsrechtlichen Schutz chancenlos wäre. Das haben Volksabstimmungen in mehreren Kantonen erwiesen. Deshalb praktizieren diese Kreise seit geraumer Zeit die „Salamitaktik“: Schnitt für Schnitt soll der Schutz fallen, bis zuerst die Ladenöffnungs- und dann auch die Arbeitszeiten voll liberalisiert sind. Ausgeblendet wird dabei, dass Arbeit ausserhalb der üblichen Zeiten, die neu einem Geschäft bewilligt wird, jeweils weitere solche Arbeit in anderen Betrieben nach sich zieht (Sicherheit, Reinigung, Lieferung usw.). 

Vorberatende Kommission unsensibel

Den neusten Schnitt tut nun der Genfer FDP-Nationalrat Lüscher. Seine parlamentarische Initiative will Nachtarbeit in den Tankstellenshops an stark frequentierten Hauptverkehrsachsen vollumfänglich liberalisieren. Auch in diesem Fall müssen die Konsumentenbedürfnisse herhalten. Dass Nachtarbeit gesundheitsschädlich ist, interessiert Lüscher und seine Freunde nicht. Dass Tankstellen - besonders nachts - gefährliche Arbeitsplätze sind, ebenfalls nicht. Dabei vergeht keine Woche ohne einen Tankstellenüberfall. Und die vorberatende Nationalratskommission, die WAK, hatte ebenfalls kein Gehör, dass es nachts keinen Kinderhütedienst und keinen öffentlichen Verkehr gibt. Die Kommission befürwortet die Initiative Lüscher grossmehrheitlich. 

Der SGB allerdings wird auch weiterhin jeden neuen Angriff auf die Arbeitszeiten bekämpfen. 

Zuständig beim SGB

Luca Cirigliano

Zentralsekretär

031 377 01 17

luca.cirigliano(at)sgb.ch
Luca Cirigliano
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