SVP will weniger Schutz für alle

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Verfasst durch Luca Cirigliano

«Selbstbestimmungsinitiative» hätte verheerende Folgen nicht zuletzt für Arbeitnehmende

Der Nationalrat wird am 30. Mai über den neuesten Angriff der SVP auf die Menschenrechte befinden. Er diskutiert dann jene Anti-Menschenrechtsinitiative, welche mit der Beschwörung der "Selbstbestimmung" den Schutz der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie der ILO-Konventionen abschaffen möchte. Dies wäre für die Schweizer Arbeitnehmenden fatal.

Der Wunsch der SVP ist nichts anders, als die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und die Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über die Hintertür zu kündigen. Die Initianten geben vor, so die Souveränität der Schweiz stärken zu wollen. De facto werden aber die Rechte von uns allen geschwächt. Die durch die EMRK garantierten Rechte sind als Grundrechte in unserer Verfassung verankert. Sie sind kein fremdes, sondern Schweizer Recht. Wer unsere Menschenrechte beschneidet, schwächt unsere Demokratie, unsere Sicherheit und unsere Freiheit.

Angriff auch auf die Arbeitnehmenden

Gerade Arbeitnehmende und gewerkschaftlich organisiertes Personal sind in ihrem Alltag auf ein gut funktionierendes Menschenrechtssystem angewiesen. So stehen uns aus Verfassung, EMRK und ILO-Völkerrecht verschiedene Grundrechte zu: das Recht, sich im Betrieb zu organisieren und Informationen auszutauschen, der Schutz vor antigewerkschaftlichen Kündigungen undvon Whistleblowern sowie Zutritts- und Informationsrechte am Arbeitsplatz.

Aber auch die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in den Sozialversicherungen ist so gesichert. Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg hat dazu ein wegweisendes Urteil für die Schweiz erlassen – und damit die Rentenansprüche einer jungen Mutter verbessert.

EMRK und 43 ILO-Konventionen betroffen

Gerade solche Rechtsgarantien will die SVP abschaffen. Mit der Änderung von Art. 190 der Bundesverfassung verlangt die Initiative, dass für das Bundesgericht (und alle anderen rechtsanwendenden Behörden) nur noch völkerrechtliche Verträge massgebend sind, welche dem Referendum unterstanden haben. Betroffen wären von der Initiative also nicht nur die EMRK sondern auch die 43 ILO-Konventionen, welche die Schweiz zum Schutz der Arbeitnehmenden ratifiziert hat!

Internationales Recht als Garantie der Menschenrechte

In der Schweiz schützt uns keine Verfassungsgerichtsbarkeit davor, dass Bundesgesetze unsere durch die Grundrechte geschützten Freiheiten verletzen. Deshalb ist im bestehenden Art. 190 der Bundesverfassung eine Sicherheit eingebaut: Auch Völkerrecht wie EMRK- oder ILO-Recht ist massgebend. So erfüllt das von der Schweiz ratifizierte Völkerrecht diese Funktion. Denn das Völkerrecht via EMRK und ILO-Konventionen garantiert weitgehend die gleichen Grund- und Menschenrechte wie unsere Verfassung.

Gleichzeitig geht dieses Völkerrecht aber häufig mehr in die Details und gibt präzisere Vorgaben, wie die Rechte auszugestalten sind. So konnte aufgrund von SGB- und VPOD-Klagen vor der ILO festgestellt werden, dass die Schweiz ihr wenig arbeitnehmerfreundliches Kündigungsrecht im Obligationenrecht (OR) reformieren muss. Und das Bundesgericht hat jüngst festgehalten, dass den Gewerkschaften Zutritts- und Informationsrechte am Arbeitsplatz zustehen. Weiter hat der EGMR zum Beispiel jüngst festgehalten, dass die Verjährungsregeln im Falle von Schweizer Asbestopfern willkürlich sind. Alles Siege für die betroffenen Arbeitnehmenden in der Schweiz, die ohne völkerrechtlichen Grundrechtsschutz undenkbar gewesen wären.

Zuständig beim SGB

Luca Cirigliano

Zentralsekretär

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