Was in der ganzen Schweizer Wirtschaft selbstverständlich ist, soll in Neuenburg ausser Kraft gesetzt werden? Im Neuenburger Gesundheitswesen besteht ein kantonaler Gesamtarbeitsvertrag unter dem Namen „Santé 21“, der für alle Spitäler, für die meisten Alters- und Pflegeheime, ja selbst für die Neuenburger Spitex gilt. Gemäss geltendem Recht muss ein Spital, das vom Kanton Subventionen und auf die kantonale Spitalliste will, diesen Branchen-GAV einhalten. In allen anderen Branchen ist das ebenso: Wenn der Staat mit Steuergeldern Güter, Bauaufträge oder andere Leistungen einkauft, so darf er damit nicht Lohndumping betreiben. Er muss vom Lieferanten verlangen, dass die orts- und branchenüblichen Anstellungsbedingungen eingehalten werden.
Die Privatspitalgruppe Genolier Swiss Medical Network GSMN will in Neuenburg das Spital „La Providence“ aufkaufen. Auf Befehl von Genolier hat das Spital den Branchen-Gesamtarbeitsvertrag aufgekündigt und will die Löhne und Anstellungsbedingungen verschlechtern. Wer sich wehrt, dem wird mit Entlassung gedroht. Gleichzeitig verlangt das Spital vom Kanton zusätzliche Subventionen. Bisher lässt der Neuenburger Regierungsrat das Spital gewähren, will es weiter auf der Spitalliste führen und stellt sogar zusätzliche Subventionen in Aussicht, obwohl der GAV nicht mehr eingehalten wird.
Bleibt der Regierungsrat bei seiner Haltung, gefährdet dies die Gesundheitsversorgung. Zur Bewältigung des anhaltenden Personalmangels und der sich aus demografischen Gründen verschärft, müssen in der Schweiz jährlich 10'000 Arbeitskräfte rekrutiert werden. Das kann nur gelingen, wenn dem Personal gute und sichere Arbeitsbedingungen geboten werden. Machen aber die Neuenburger Verhältnisse Schule, würde sich der Personalmangel verschärfen und die Gesundheitsversorgung für die ganze Bevölkerung verschlechtern.
Die Angestellten des Spitals wehren sich seit Ende November mit einem Streik. Das kantonale Parlament hat am 5. Dezember eine dringliche Motion beschlossen, welche den Regierungsrat auffordert, das geltende Recht umzusetzen und die Einhaltung des GAV zu verlangen. Morgen Mittwoch tagt der Regierungsrat zu diesem Thema. Heute Dienstagabend, 17.30 Uhr, protestieren die Streikenden mit Unterstützung der Gewerkschaften gegen das drohende Lohndumping.
Die Gewerkschaftsdachverbände SGB und Travail.Suisse bekräftigen ihre Solidarität und Unterstützung für die Streikenden von „La Providence“. Der Kampf der Streikenden ist exemplarisch, die bisherige Haltung des Regierungsrates inakzeptabel. Das staatlich gedeckte und subventionierte Lohndumping und ein sich zuspitzender Personalmangel dürfen nicht zugelassen werden. Die Dachverbände appellieren an den Neuenburger Regierungsrat, das geltende Recht umzusetzen: Wer auf die Spitalliste will und zusätzliche Subventionen erhalten soll, muss den Branchen-GAV einhalten. Alles andere setzt den sozialen Frieden aufs Spiel.
Weitere Beiträge zum Streik in Neuenburg
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Auskünfte
- Stefan Giger, Generalsekretär VPOD, 079 296 77 07
- Kurt Regotz, Präsident Syna, 079 617 62 94
- Martin Flügel, Präsident Travail.Suisse, 079 743 90 05
- Thomas Zimmermann, Leiter Kommunikation SGB, 079 249 59 74