Nach Jahren des schleichenden Abbaus bei der Pflicht der Arbeitgeber, die Arbeitszeit zu erfassen und die Arbeitnehmenden vor Gratisarbeit und psychosozialen Risiken zu schützen, hat der Bundesrat heute die Arbeitszeiterfassung auf ein neues Fundament gestellt. Nun müssen alle Beteiligten die neuen Regeln auch tatsächlich umsetzen. Insbesondere müssen die Behörden regelmässige flächendeckende Kontrollen vornehmen und die Arbeitszeiterfassungspflicht durchsetzen wo sie gilt. Denn die Erfassung der Arbeitszeit ist wichtig, um die Arbeitnehmenden vor Gratisarbeit, Stress und den damit verbundenen Leiden wie Rücken- und Magenschmerzen, Schlafstörungen, ja vor Burnout zu schützen.
Die neue Verordnung bringt zwar eine gewisse Deregulierung der Erfassungspflicht. Das Gros der Arbeitnehmenden bleibt jedoch durch die umfassende Arbeitszeiterfassung geschützt. Werden die Regeln durchgesetzt, wird sich der faktische Schutz für viele Arbeitnehmende verbessern. Auch sind die vorgesehenen Ausnahmen von der Arbeitszeiterfassung restriktiv geregelt. Die gesetzliche Höchstarbeitszeit bzw. die Bestimmungen zu Pausen und Überzeit gelten weiterhin für alle. Von der übrigen Erfassungspflicht ausgenommen werden dürfen nur Arbeitnehmende, die über eine grosse Autonomie in ihrer Arbeit verfügen, ihre Arbeitszeiten grösstenteils selbst festlegen können und mehr als 120‘000 Franken pro Jahr verdienen. Diese Ausnahme muss in einem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) mit den repräsentativen Sozialpartnern geregelt werden. Der GAV muss zudem spezifische Massnahmen für den Gesundheitsschutz und zum Schutz vor psychosozialen Risiken enthalten. Nicht zuletzt braucht es das schriftliche Einverständnis des betroffenen Arbeitnehmers. Gerade das Obligatorium, Gesundheitsschutz-Massnahmen gegen psychosoziale Risiken in die GAV bestimmen zu müssen, ist als Fortschritt im Vergleich zum Status Quo zu werten. Die Sozialparnter und die Behörden werden auf eine sorgfältige Umsetzung dieser Gesundheitsmassnahmen in der Praxis besorgt sein müssen.
Die neue Regelung wurde nach intensiven Verhandlungen zwischen den Arbeitgebern und den Gewerkschaften von Bundesrat Johann Schneider-Ammann vorgeschlagen und von den Dachverbänden der Sozialpartner akzeptiert. Weitergehende Lockerungen (automatischer Verzicht auf Arbeitszeiterfassung ab bestimmter Lohnhöhe oder nach Branchen u.ä.) sind aus Sicht der Arbeitnehmenden nicht akzeptabel. Der SGB fordert die Wirtschaftskommission des Ständerats auf, entsprechende Vorstösse (Motion Niederberger) abzulehnen.
Auskünfte
Luca Cirigliano, Zentralsekretär SGB, zuständig für Arbeitsrecht,
076 335 61 97