Rückenschuss für Gewerkschaftsrechte und Sozialpartnerschaft

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Verfasst durch Jean Christophe Schwaab, SGB-Zentralsekretär

Das Kantonsgericht Zürich hat das erstinstanzliche Urteil im Fall Tamedia/Daniel Suter annulliert. Entscheid und Begründung bedeuten eine totale Missachtung der Gewerkschaftsrechte und der Sozialpartnerschaft.

Daniel Suter war als Präsident der Personalkommission des «Tages-Anzeigers» einige Tage vor der Eröffnung von Verhandlungen über einen Sozialplan entlassen worden. Diese Verhandlungen hätte er arbeitnehmerseits leiten müssen. Das erstinstanzliche Gericht hatte diese Entlassung als missbräuchlich beurteilt. Es befand, dass ein Arbeitgeber wirtschaftliche Gründe nicht als «begründeten Anlass» heranziehen könne, um einen gewählten Personalvertreter (Art. 336 Abs. 2 Bst. b OR) vor dem Beginn von Verhandlungen zu entlassen. Tamedia wurde dazu verknurrt, drei Monatslöhne als Entschädigung zu zahlen. Das Urteil ist leicht nachvollziehbar: Die wichtigste Verhandlungsperson arbeitnehmerseits zu entlassen, bedeutet nichts anderes als einen Rückenschuss für die Sozialpartnerschaft. 

Ein massiver Schritt zurück

Dennoch rekurrierte Tamedia gegen dieses Urteil – und bekam nun leider vorläufig Recht. Die Argumentation des Kantonsgerichtes ist ein Affront gegen die Gewerkschaftsrechte und die Sozialpartnerschaft. Die Zweitinstanz befand nämlich, dass ein Arbeitgeber wirtschaftliche Gründe – sogar wenn sie nur vermutet seien – als «begründeten Anlass» vorbringen könne, um Personalvertreter zu entlassen. Ein Arbeitgeber, der einen schlechten Geschäftsgang befürchte, könne restrukturieren, auch auf dem Rücken der Personalvertreter. Er müsse dazu nicht schon in den roten Zahlen sein. Wenn sich die Lage nach der Restrukturierung gebessert habe, könne dies nicht a posteriori herangezogen werden, um die Richtigkeit der vom Arbeitgeber vorgebrachten wirtschaftlichen Gründe zu bestreiten. Die wirtschaftlichen Gründe seien jedoch sehr sorgfältig zu untersuchen, denn sonst würde die von Art. 336 Abs. 2 Bst. b OR vorgesehene Beweislastumkehr de facto aufgehoben. Dieser Artikel hält fest, dass der Arbeitgeber beweisen muss, dass er aus einem anderen Grund als einer mit dem Mandat der Personalvertretung verbundenen Tätigkeit kündigt. Leider ist das Gericht seinen eigenen Überlegungen nicht korrekt gefolgt. 

Korrektur nötig

Daniel Suter, unterstützt durch Syndicom, wird beim Bundesgericht Rekurs einlegen. Wie auch immer dieser Prozess ausgehen wird: Er zeigt bereits heute, dass der Schutz vor antigewerkschaftlichen Kündigungen in der Schweiz unbedingt gestärkt werden muss. Aktive Gewerkschafter/innen und Personalvertreter/innen müssen ein Recht auf Wiedereinstellung haben, wenn ihnen missbräuchlich gekündigt wird. Und sie dürfen – wie das auch der Bundesrat vorschlägt – nicht aus wirtschaftlichen Gründen entlassen werden. Denn sonst wird dies zum Vorwand, um sich Mitarbeitender zu entledigen, die sich für ihre Kolleg/innen einsetzen. 

Das neue Urteil aus Zürich, das sich auf ein kürzlich erlassenes Bundesgerichtsurteil stützt (BGE 133 III 512), eröffnet nun den Arbeitgebern genau diesen Spielraum, um sich dieses Vorwands zu bedienen. 

 

Obergericht des Kantons Zürich, 1. Zivilkammer, Urteil vom 24. Mai 2011, Fall LA100023-O/U

Zuständig beim SGB

Luca Cirigliano

Zentralsekretär

031 377 01 17

luca.cirigliano(at)sgb.ch
Luca Cirigliano
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