Die Debatte um die Justizreform kündigte sich stürmisch an. SVP und BDP wollten den in der Kommission des Grossen Rates geschmiedeten Kompromiss zu den Arbeitsgerichten in letzter Sekunde verhindern. Die beiden Parteien zogen aber in der Debatte vom vergangenen Donnerstag ihre Anträge zurück, nachdem Corrado Pardini, SP-Grossrat und Co-Präsident des kantonalen Gewerkschaftsbundes (GKB), erklärt hatte, er sei mit dem Kompromiss einverstanden und die Gewerkschaften wollten auf das Referendum verzichten.
Damit war der Weg frei für eine Lösung, die für bernische ArbeitnehmerInnen einen grossen Fortschritt bedeutet. Die bislang nur in den Städten existierende Arbeitsgerichtsbarkeit mit ihrer paritätischen Besetzung wird auf das ganze Kantonsgebiet ausgedehnt. Auch ArbeitnehmerInnen in Langenthal, Langnau oder in der Lenk erhalten erleichterten Zugang zu den Gerichten bei Konflikten aus dem Arbeitsverhältnis. Neu wird die Urteilskompetenz im arbeitsrechtlichen Verfahren von 7999 auf 15 000 Franken erhöht. Eine entscheidende Verbesserung ist schliesslich die Tatsache, dass GewerkschafterInnen ihre Mitglieder nicht nur vor Gericht begleiten, sondern dort auch zur Sache sprechen dürfen. Mit der neuen Regelung sind die wesentlichen Forderungen einer Motion der beiden Grossräte Corrado Pardini und Martin von Allmen (beide SP) aus dem Jahr 2007 erfüllt. Nur beim Namen liess die bürgerliche Mehrheit nicht mehr mit sich reden. Die Arbeitsgerichte erhalten keinen eigenen Namen, sondern sind Teil der Regionalgerichte.
Somit kommt im Kanton Bern die Umsetzung der eidgenössischen Vorgaben im Rahmen der Zivilprozessordnung zu einem guten Abschluss. Das war nicht immer klar: Die zuständige Kommission – inklusive der SP und Grüne-VertreterInnen – wollte ursprünglich nichts von einem Arbeitsgericht oder einem arbeitsrechtlichen Verfahren wissen. Der GKB musste deshalb hartnäckige Überzeugungsarbeit leisten – zuerst bei den links-grünen Parteien und im rot-grün dominierten Regierungsrat. Noch in der ersten Lesung scheiterte aber eine Vorlage des Regierungsrats deutlich. Doch dann schwenkte die FDP auf Kompromisskurs ein. Sie tat dies, weil die gesamte Justizreform unter einem grossen Zeitdruck steht und ein Referendum die rechtzeitige Umsetzung gefährdet hätte.