Schwitzender Bauarbeiter

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Mit den Flankierenden Massnahmen gegen Lohndruck und prekäre Arbeit

  • Flankierende Massnahmen und Personenfreizügigkeit
Medienmitteilung

SGB zum Observatoriumsbericht 20 Jahre Personenfreizügigkeit

Vor 20 Jahren trat die Personenfreizügigkeit mit der EU in Kraft. In der Schweizer Migrationspolitik begann ein neues Kapitel. Berufstätige mit Daueraufenthalt erhielten mehr Rechte, wodurch sie besser gegen Missbrauch geschützt waren. Gleichzeitig hat die Schweiz aber auch prekäre Formen der Arbeit erleichtert, welche unsere Löhne und Arbeitsbedingungen gefährden. Firmen aus EU-Ländern mit wesentlich tieferen Löhnen konnten ab 2004 ihre Dienstleistungen in der Schweiz bis 90 Tage frei erbringen (Entsendungen). Und die Temporärbüros durften neu Kurz- und KürzestaufenthalterInnen sowie GrenzgängerInnen aus der EU in der Schweiz verleihen. Die Gewerkschaften bezogen deshalb eine klare Position: Sie stimmten der Einführung der Personenfreizügigkeit nur zu, wenn die Löhne geschützt sind. Die Flankierenden Massnahmen wurden eingeführt. Der Bundesrat versprach in der Volksabstimmung einen «umfassenden Schutz vor Lohn- und Sozialdumping».

Die Personenfreizügigkeit und die Flankierenden Massnahmen haben sich grundsätzlich für die Arbeitnehmenden bewährt. Dank Lohnkontrollen, Bussen und anderer Durchsetzungsmassnahmen kamen die Schweizer Löhne nie grossflächig unter Druck. Lohndumping war und ist zwar an den Arbeitsplätzen eine Realität. Jeder fünfte Arbeitgeber bleibt mit zu tiefen Löhnen in den Kontrollen hängen. Aber genereller Lohndruck kann dank der Flankierenden Massnahmen und ihrer präventiven Wirkung verhindert werden. Die heutigen Instrumente sind daher ein wichtiges Fundament für die Akzeptanz der Personenfreizügigkeit.

Trotz der Kontrollen haben die prekären Arbeitsformen der Entsendungen, der Temporärarbeit sowie der Kürzestaufenthalte seit Einführung der Personenfreizügigkeit stark zugenommen. Dieser Teil der Personenfreizügigkeit wird oft übersehen. Die Entsendungen sind eigentlich eine kleine «Dienstleistungsfreiheit» und keine Personenfreizügigkeit. Hier kommen die Angestellten über ihre Firmen in die Schweiz und sind nicht in der Schweiz angestellt. Sie werden auf dem deutschen oder dem polnischen Arbeitsmarkt rekrutiert und haben entsprechend tiefere Löhne. Gewerkschaftlich können sie sich nicht organisieren, weil sie nur vorübergehend in der Schweiz tätig sind. Dementsprechend grösser ist das Dumpingpotenzial.

Die Schweiz hat die höchsten Löhne in Europa und ist sprachlich offen wie kein anderes europäisches Land. Darum braucht die Schweiz auch den besten Lohnschutz. Und darum muss dieser Lohnschutz auch verteidigt werden. Die Flankierenden Massnahmen haben aber nach wie vor empfindliche Lücken. Es gibt beispielsweise keine umfassenden Gesamtarbeitsverträge mit Mindestlöhnen im Detailhandel oder im Gartenbau, obwohl auch dort regelmässig Lohnunterbietungen festgestellt werden.

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Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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Daniel Lampart
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