Archivbild einer früheren Mindestlohn-Kampagne

Archivbild: Mindestlohn-Kampagne in Genf 2014, © Lucas Dubuis / Unia

 

Mindestlohn-Kampagnen wirken

  • Löhne und Vertragspolitik
Artikel
Verfasst durch David Gallusser

Analyse aus Anlass des 20-jährigen Bestehens der Gewerkschaft Unia

Kein Lohn unter 4000 Franken: So lautete die Losung, mit welcher die Unia und andere SGB-Gewerkschaften ab 2010 gegen Armutslöhne antraten. Zum Jubiläum der Unia werfen wir einen Blick zurück. Denn Mindestlohnkampagnen gehören zu den grössten Erfolgen der Unia in ihren 20 Jahren Bestehen. Die Forderung war nur in Teilen neu: Ende der 1990er-Jahren forderten die Vorgängergewerkschaften der Unia keinen Lohn unter 3000 Franken. Die damalige, erste Kampagne war in mehrerlei Hinsicht erfolgreich. Man konnte Tieflöhne erfolgreich bekämpfen und nach langer Zeit wieder bedeutende Lohnfortschritte erzielen. 

Neu an der zweiten Kampagne war die Volksinitiative für einen nationalen Mindestlohn von 4000 Franken. Die Initiative scheiterte zwar an der Urne krachend. Wirkungslos war sie aber nicht. Dank der Initiative setzten sich in der Öffentlichkeit die 4000 Franken als Grenze für einen gerade noch anständigen Lohn durch. Im Windschatten der Initiative konnten die Arbeitnehmenden gemeinsam mit der Unia, höhere Löhne in Gesamtarbeitsverträgen (GAV) durchsetzen. Im Gastgewerbe konnte man endlich einen 13. Monatslohn einführen. In der Reinigung und im Detailhandel stiegen die tiefen Löhne zwischen 2010 und 2016 um rund 10 Prozent. Auch im Baugewerbe konnte man viele Löhne über die 4000er-Schwelle heben. Und im GAV der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie legte man zum ersten Mal in der Geschichte einen Mindestlohn fest. 

Nicht auf Lorbeeren ausruhen. 

Der Erfolg kann sich sehen lassen. Dank der Kampagne sind die tiefen Löhne in der Schweiz zwischen 2010 und 2016 stärker gestiegen als die mittleren und hohen Löhne (vgl. Grafik). Wie in der ersten Kampagne konnte man die Verbreitung von Tieflöhnen zurückdrängen. Leider können sich die Arbeitnehmenden und ihre Gewerkschaften nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Seit dem Ende der letzten Kampagne war die Lohnentwicklung enttäuschend. Zu viele Beschäftigte arbeiten noch heute für zu tiefe Löhne. Die SGB-Gewerkschaften haben sich deshalb ein neues Ziel gesteckt: Niemand soll weniger als 5000 Franken mit Lehre und weniger als 4500 Franken ohne Lehre verdienen. Es ist an der Zeit, erneut Geschichte zu schreiben.


Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag, der zunächst in der Jubiläumsausgabe der Zeitung «work» erschienen ist.
 

Zuständig beim SGB

David Gallusser

Zentralsekretär

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