Lohnschutz wirksam durchsetzen: Scharfe Kontrollen, Mindestlöhne und Solidarhaftung!

  • Flankierende Massnahmen und Personenfreizügigkeit
  • Löhne und Vertragspolitik
Artikel

Referat Paul Rechsteiner, SGB-Präsident

Der Schutz der Löhne ist der entscheidende Eckpfeiler eines funktionierenden Arbeitsmarkts. Das wichtigste Instrument dafür sind die flankierenden Massnahmen zu den bilateralen Verträgen. Sie müssen dafür sorgen, dass in der Schweiz Schweizer Löhne bezahlt werden. Unverzichtbare Voraussetzung ist der entschlossene Kampf gegen Lohndumping.

Weil sich gezeigt hat, dass das heutige Instrumentarium zur Bekämpfung von Lohndumping empfindliche Lücken aufweist, forderte der Schweizerische Gewerkschaftsbund im Frühjahr 2011 ein neues Massnahmenpaket. Ein Teil der Lücken ist mit den Beschlüssen des Parlaments in der Sommersession dieses Jahres geschlossen worden, zum Beispiel mit den Massnahmen zur Bekämpfung der sogenannten Scheinselbständigkeit. Noch hängig sind die Bestimmungen über die Solidarhaftung. Hier stehen die massgebenden Entscheide in der Herbstsession bevor.

Die Gewerkschaften weisen erneut darauf hin, dass es Halbheiten und Scheinlösungen in diesem Bereich nicht mehr erträgt. Seit dem Einbezug der EU-8 in die bilateralen Verträge (Osterweiterung) häufen sich krasse Missbräuche durch Lohndruck via Auslagerung der Arbeiten in Subunternehmerketten. Dies auch und sogar bei Baustellen der öffentlichen Hand. Wenn Metallbauern bei der Kehrichtverbrennungsanlage Winterthur statt den durch den Gesamtarbeitsvertrag garantierten 22.70 Franken pro Stunde nur noch 8.45 Franken ausbezahlt werden, dann unterläuft das jeden Lohnschutz. Es ist überfällig, dass bei einer Weitervergabe der Arbeiten an Subunternehmer auch die Arbeitsbedingungen gewährleistet sein müssen. Was für die Qualität der ausgelagerten Arbeiten heute schon selbstverständlich ist, muss in Zukunft auch für die Löhne gelten, wenn der Lohnschutz ernst gemeint sein soll. Hier steht das Parlament nun in der Pflicht.

Das Instrumentarium zum Schutz der Löhne ist letztlich allerdings jeweils nur so viel wert, wie es in der Praxis dann auch eingesetzt wird. Hier steht nach den in den letzten Jahren erreichten Verbesserungen bei den Kontrollen zunehmend das Problem der fehlenden Mindestlöhne im Vordergrund. Zeigen die Lohnkontrollen nämlich auf, dass das Lohnniveau wiederholt gedrückt und unterschritten wird, so müssen nach Gesetz Mindestlöhne erlassen werden. Dazu ist es trotz zunehmenden Verstössen im Lohnbereich in der Deutschschweiz noch nie und beim Bund erst zweimal gekommen.

 

Besonders krass ist die Situation in Teilen des Detailhandels und vor allem im Gartenbau, wie eine neue Studie des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes aufzeigt. Die Kantone tolerieren im Gartenbau Lohndumping ohne einzuschreiten. Schlimmer noch: Weil sie Richtlöhne viel zu tief ansetzen, ergibt sich bei den Kontrollen ein viel zu positives Bild der Lohnsituation. Viele Unternehmen, die effektiv zu tiefe Löhne bezahlen, bleiben nicht in den Kontrollen hängen.

Trotz harter und qualifizierter Arbeit sind die Löhne im Gartenbau in zahlreichen Regionen vor allem auch der Deutschschweiz so schlecht, dass sie im Armutsbereich liegen. Weil der Schutz durch einen anständigen Gesamtarbeitsvertrag bis heute fehlt, braucht es endlich eine Lohnregulierung, die diesen Namen verdient. Am besten durch einen allgemein verbindlichen Gesamtarbeitsvertrag.

Werden gesetzlich vorgeschriebene Massnahmen durch die zuständigen Behörden nicht umgesetzt, so ist das nichts anderes als eine nicht tolerierbare Arbeitsverweigerung. Das Gesetz schreibt den Erlass von Mindestlöhnen vor, wenn die Löhne in Branchen und Regionen wiederholt missbräuchlich gedrückt werden. Es kann nicht länger hingenommen werden, dass das nicht geschieht, obwohl es gesetzlich vorgeschrieben wäre. Es geht dabei nicht nur um die Interessen der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern auch um die Durchsetzung elementarer Regeln auf dem Arbeitsmarkt, so wie sie der Bevölkerung versprochen worden waren.

Weitere  Beiträge der Medienkonferenz "Gartenbau und Solidarhaftung" vom 21. August 2012

Beiträge der Medienkonferenz:

  • Paul Rechsteiner, SGB-Präsident: Lohnschutz wirksam durchsetzen: Scharfe Kontrollen, Mindestlöhne und Solidarhaftung!
  • Daniel Lampart, Leiter SGB-Sekretariat und Chefökonom: Bund und Kantone lassen Lohndumping zu - Überprüfung der Flankierenden Massnahmen am Beispiel der Gartenbau-Branche
  • Renzo Ambrosetti, Co-Präsident Gewerkschaft Unia: <media 513 - - "TEXT, 120821 RA solidar, 120821_RA_solidar.pdf, 32 KB">"Ordnung im Stall" gibt es nur mit einer verbindlichen Solidarhaftung</media>

Dossier:

  • Conditions de travail et salaires dans l’horticulture
    (Dossier nur auf Französisch erhältlich – mit deutscher Zusammenfassung)

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

031 377 01 16

daniel.lampart(at)sgb.ch
Daniel Lampart
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