Lehrer lehren sich zu wehren

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Artikel
Verfasst durch Peter Sigerist, SGB-Zentralsekretär

Der Protest der Lehrer/innen gegen unhaltbare Arbeitsbedingungen hat nun auch die Deutschschweiz erfasst: In Zürich hat die Lehrer/innen-Initiative „Schule im Sinkflug“ eine breite erfolgreiche Bewegung ausgelöst. In Bern gingen am 12. November Tausende von Lehrer/innen auf die Strasse. „Wir bilden die Zukunft – aber nicht gratis!“ war hier das Motto.

Der bernische Lehrerverband LEBE und der Berner vpod haben gemeinsam gerufen – und sie kamen, die Lehrerinnen und Lehrer aus dem ganzen Kanton, vors Berner Rathaus, an diesem regnerischen 12. November – vier bis fünf Tausend an der Zahl, etwa jede dritte Lehrkraft. Die Botschaft an die Kantonsregierung und das –parlament war klar: „Wir bilden die Zukunft – aber nicht gratis!“ Konkret verlangen die Lehrer/innen: die Wiedereinführung der garantierten Lohnentwicklung und die Anpassung der Gehälter an das frühere System; eine generelle Senkung des Pflichtpensums um eine Lektion und zusätzliche Entlastungslektionen für Klassenlehrpersonen und Berufseinsteigende; kleinere Lerngruppe oder Teamteaching. Und für 2011 erwarten sie den vollen Teuerungsausgleich und 1,5 Prozent für den individuellen Lohnanstieg.

Erster Erfolg in Zürich

Der Lehrer/innenmangel, die sehr gute Lohnstudie des Lehrer/innendachverbandes LCH und die Lehrer/innen-Initiative „Schule im Sinkflug“ hat in Zürich, und darüber hinaus, eine breite Solidarisierungswelle ausgelöst. Auf www.schule-im-sinkflug.ch begründen die Lehrer/innen ihre Aktionen: „Wir sagen ja zu Integration, Individualisierung, Teamarbeit und Partizipation, aber wir sagen nein zu überhasteten Reformprojekten, überladenen Lehrplänen, ungeeigneten Lehrmitteln und übergrossen Klassen für die geforderte Individualisierung.“ Das Kantonsparlament hat die Lage an den Schulen für einmal richtig eingeschätzt und am 15. November gegen die Stimmen von Schlüers SVP die Lehrer-Einstiegslöhne deutlich angehoben hat. Ein erster Schritt, dem weitere, in Zürich, Bern und anderswo, folgen müssen.

Empörend ist, dass die stadtzürcherischen Schulpräsidien der Aktion „Schule im Sinkflug“ gedroht haben. Per öffentlich gemachtem Brief haben sie die Lehrer/innen zu recht gewiesen, weil sie auch während der Unterrichtszeit aktiv geworden seien.

In Bern stiess ein die Lehreraktionen gut begründendes und argumentierendes Rundschreiben der Schulkreise an die Eltern auf positives Echo. Einige Eltern nahmen denn auch an der Lehrer/innenkundgebung teil, weil ihnen deren Anliegen einleuchtet.

SGB-Kongress solidarisch…

Am 5. November hatte sich der SGB-Kongress mit den Aktionen der Lehrer/innen und ihrer Verbände solidarisiert und festgehalten: „Auf jeder Stufe des Bildungssystems sind motivierte und engagierte Lehrpersonen das A und O für die Lernmotivation und das Wohl der Lernenden entscheidend. Auch in einem architektonisch herausragenden und prämierten Schulhaus der Volks-, Berufs- oder Hochschule lässt sich mit demotivierten, gesellschaftlich kaum mehr anerkannten Lehrpersonen nicht gut lernen. Unsere Vorschläge legen deshalb das Gewicht auf die sofortige Besserstellung der Lehrpersonen. Es ist politisch verantwortungslos, eine Schulreform nach der anderen zu beschliessen, ungeachtet ihrer inhaltlichen Qualität, ohne jenen, die sie umzusetzen haben, genügende Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Die Bewegung der Lehrer/innen ist deshalb auch die beste Antwort auf Schlüers ‚Tea-Party-Bewegung‘ gegen eine moderne Volksschule.“

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

031 377 01 16

daniel.lampart(at)sgb.ch
Daniel Lampart
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