Den Schweizer Arbeitnehmenden wurde versprochen, dass die Schweizer Löhne und Arbeitsbedingungen durch die Flankierenden geschützt werden. Dieses Versprechen war auch Thema der SGB-Delegiertenversammlung vom 16. 11. 2012. Der Nationalrat müsse dieses Versprechen einhalten, forderten die Delegierten. Einstimmig verabschiedeten sie das folgende Papier.
„Mit den Flankierenden Massnahmen hat die Schweiz grundsätzlich ein Instrument, mit dem die Zuwanderung von Erwerbstätigen kontrolliert werden kann. Der Grundsatz der Flankierenden ist: Wer in der Schweiz arbeitet, muss einen Schweizer Lohn erhalten und zu Schweizer Arbeitsbedingungen beschäftigt werden. Wird das konsequent durchgesetzt, können die Arbeitgeber keine „billigen“ Arbeitskräfte aus dem Ausland auf Kosten derjenigen im Inland anstellen. Das ist nicht nur für diejenigen Arbeiter und Angestellten wichtig, die bereits seit längerem in der Schweiz arbeiten. Sondern es ist auch gut für diejenigen, die aus dem Ausland in die Schweiz arbeiten kommen. Denn auch sie wollen gute Löhne und Arbeitsbedingungen. Und auch sie haben das Recht auf gute Löhne und Arbeitsbedingungen.
Solidarhaftung gegen krasses Dumping durch Subunternehmen
Krasse Fälle von Lohndumping gibt es bei der Weitervergabe von Aufträgen an Subunternehmen. Am Schluss dieser Subunternehmer-Ketten stehen regelmässig Firmen, welche sogar Löhne von weniger als 10 Franken pro Stunde bezahlen. Diese Firmen kommen nicht nur aus dem Ausland, sondern auch aus der Schweiz.
Bereits das Mosaik von verschiedenen Firmen auf einer Baustelle macht die Identifikation der Firmen und die Zuordnung der Arbeiter zu den Firmen zum Problem. Das behindert die Kontrollen vor Ort. Oft sind die Firmen nur lose Konstrukte. Wirksame Lohnbuchkontrollen – d.h. das Einfordern der Lohnunterlagen bei den Firmen – sind unter diesen Umständen kaum möglich. Geschweige denn die Sanktionierung der Subunternehmen.
Position des SGB
Damit die Schweizer Löhne und Arbeitsbedingungen durchgesetzt werden können, muss daher der Erst-Auftragnehmer oder Generalunternehmer für die Verstösse in der Auftragskette haftbar gemacht werden können. Der Ständerat hat dieser Solidarhaftung zugestimmt. Der Nationalrat wird in der Wintersession im November/Dezember entscheiden. Der Schweizer Bevölkerung wurde versprochen, dass die Schweizer Löhne und Arbeitsbedingungen eingehalten werden müssen. Der Nationalrat wird an diesem Versprechen gemessen. Der SGB erwartet deshalb vom Nationalrat, dass auch er der Solidarhaftung zustimmt. Dies erwarten auch die 27'318 Personen, die eine entsprechende Petition der Gewerkschaft Unia unterzeichnet haben.
Lohndumping wird dank Kontrollen sichtbar – Kantone müssen Mindestlöhne einführen
Lohndumping ist leider nichts Neues. Seit langem versuchen die Arbeitgeber, die Löhne ihrer Angestellten zu drücken, um mehr Gewinn zu machen. Dank den Lohnkontrollen wird das Ausmass des Lohndrucks sichtbar. In den Branchen ohne verbindliche Mindestlöhne hat sich der Anteil der Unternehmen, bei denen die Kontrolleure Dumpinglöhne aufgedeckt haben, zwischen 2009 und 2011 nahezu verdoppelt. Gemäss den Seco-Statistiken stiegen die Verstossquoten von 6 auf 11 Prozent.
Die Kantone müssen in dieser Situation handeln und die Löhne schützen. Das Gesetz (OR Art. 360a) sieht bei wiederholtem Dumping die Einführung von Mindestlöhnen vor. Bisher haben aber nur Kantone der lateinischen Schweiz und in zwei Fällen der Bund (Hauswirtschaft, kleine Reinigungsfirmen) Mindestlöhne erlassen. In der Deutschschweiz gibt es noch in keinem Kanton Mindestlöhne, obwohl die Lage nicht besser ist als in der lateinischen Schweiz.
Position des SGB
Das Gesetz muss umgesetzt werden. Wenn der Bund oder die Kantone Dumping aufdecken, müssen sie Mindestlöhne einführen.
Kantone tolerieren Dumping – mit zu tiefen Richtlöhnen bei den Kontrollen
In Wirklichkeit dürfte der Lohndruck sogar noch grösser sein als offiziell ausgewiesen. Das lässt sich am Beispiel der Gartenbau-Branche zeigen. Zahlreiche Kantone tolerieren beispielsweise Löhne für Hilfsarbeiter von 3‘350 Fr./Mt. oder für gelernte Gärtner mit Berufserfahrung von 4‘120 Fr./Mt., obwohl das Lohnniveau im Schweizer Gartenbau deutlich darüber liegt. Mit diesen klar zu tiefen Richtlöhnen wird immerhin bei 11 Prozent der kontrollierten Firmen Dumping festgestellt. In Kantonen, in denen mit Richtlöhnen kontrolliert wird, die etwas näher bei den üblichen Löhnen liegen, sind die Verstossquoten höher (z.B. 34 Prozent in BL/BS). Die offiziellen Verstosszahlen zum Gartenbau zeigen ein viel zu positives Bild der Lohnsituation in der Branche.
Position des SGB
Die Kantone müssen mit den korrekten Richtlöhnen kontrollieren. Die bei den Kontrollen verwendeten Richtlöhne müssen kritisch überprüft werden, ob sie den üblichen Löhnen entsprechen.
Löhne im Gartenbau, Detailhandel und Journalismus durch Mindestlöhne schützen
In gewissen Branchen ist der Lohndruck besonders ausgeprägt. Obwohl die Richtlöhne im Gartenbau mancherorts zu tief sind, haben die Kantone bei 11 Prozent der kontrollierten Firmen Dumping festgestellt. Auch im Detailhandel gibt es viele Arbeitgeber, die zu tiefe Löhne zahlen. Besonders schlimm ist die Situation bei den Schuh- und Kleidergeschäften. Bei den Schuhgeschäften gibt es Angestellte, denen nur ein Lohn von 2‘700 Fr./Mt. bezahlt wird, während die Besitzer der grossen Schuh-Ketten Milliarden gescheffelt haben. Im Journalismus führt der GAV-lose Zustand in der Deutschschweiz und im Tessin dazu, dass immer mehr Löhne und Honorare unter Druck geraten. Das ist nicht nur für die Betroffenen schlimm, sondern es gefährdet auch die Qualität der Presse in der Schweiz.
Position des SGB
Die Löhne in den Branchen Gartenbau, Detailhandel (Schuhe, Kleider) und Journalismus müssen durch gute Mindestlöhne geschützt werden. Diese Branchen sind GAV-fähig. Priorität haben deshalb gute Mindestlöhne in GAV.