Der Ständerat hat sich am 25. September mit 22 zu 18 Stimmen für eine wirksame Solidarhaftung entschieden. In der Wintersession muss die grosse Kammer nachziehen. Dann wird sich künftig durch Subunternehmerketten verursachtes Lohndumping effizient bekämpfen lassen.
In letzter Zeit explodierten die Fälle von Lohndumping durch Subunternehmer geradezu. Die Gewerkschaft Unia entdeckte beinahe täglich skandalöse Fälle; entsandte Bau-Arbeiter wurden von ihren Subunternehmen in krasser Verletzung der Gesamtarbeitsverträge oft mit Hungerlöhnen abgespeist.
Deshalb verlangten die Gewerkschaften die sogenannte Solidarhaftung, und zwar in griffiger Gestaltung. Der Erstunternehmer soll stärker in die Pflicht genommen werden, wenn die Subunternehmen die vertraglichen Arbeitsbestimmungen nicht einhalten. Dabei hat sich der SGB immer für das Kettenmodell ausgesprochen. Der Erstunternehmer soll dabei für die Einhaltung der Arbeitsbedingungen bei allen Subunternehmern verantwortlich sein, also auch für jene, die Teile des Auftrags an Subsubsubunternehmer ausgliedert haben usw. Der Ständerat hat sich in der Herbstsession für ein solches Modell entschieden. Er hat den Antrag seiner Kommissionsmehrheit verworfen, wonach Erstunternehmer ihre Subunternehmen lediglich in einem schriftlichen Vertrag dazu hätten verpflichten müssen, die in der Schweiz geltenden minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen einzuhalten. Sogar Bundesrat Schneider-Ammann sagte in der Debatte klipp und klar, dass diese Minimalvariante in der Praxis gegenüber heute keinen Zusatznutzen bringen würde.
Baumeister und Gewerbeverband blocken weiter
Geführt ist der Mist aber noch lange nicht. Allen voran der Baumeister- und der Gewerbeverband bekämpfen eine effiziente Solidarhaftung weiter mit starkem rhetorischem Tabak. Die Baumeister sprechen von „Schnüffelei als Wirtschaftsprinzip“ und der „Kriminalisierung einer ganzen Branche“ und versteigen sich gar zu folgender Ausführung: „Jene wenigen Firmen, die es [das Gesetz] tatsächlich brechen, haben dagegen nichts zu befürchten: für sie müssen ja am Ende andere geradestehen.“ Was ist den Hitzköpfen zu raten? – Sie sollen lesen, was in Art. 5, Absatz 2 und 3 des Gesetzes beschlossen wurde. In Absatz 2 steht, dass der Erstunternehmer nur haftet, wenn der Subunternehmer zuvor erfolglos belangt wurde oder nicht belangt werden kann. Absatz 3 legt fest, dass der Erstunternehmer von der Haftung bei Nachweis genügender Sorgfalt befreit ist. Das gilt etwa, wenn er sich „von den Subunternehmern die Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen anhand von Dokumenten und Belegen glaubhaft darlegen lässt.“ – Eigentlich keine Hexerei für ein Unternehmen, das korrekt arbeiten will.
Hier setzt der Gewerbeverband mit einem zweiten Knüppel-Argument ein: „einem unverhältnismässigen administrativen Aufwand, der nicht zumutbar ist“. Nun: diese Klage taucht derart reflexartig auf, wenn es um Missbrauchsbekämpfung geht, dass sie keinen argumentativen Gehalt mehr zu entwickeln vermag. Das Beispiel des Glarner SVP-Ständerates This Jenny spricht Bände. In der ständerätlichen Debatte führte er noch aus, dass diese Kontrolle für sein eigenes Unternehmen keine Probleme darstelle, wohl aber für die kleinen. Anderthalb Tage später, vor den Kameras der „classe politique“, malte Jenny wortreich aus, wie auch sein Unternehmen durch diese Solidarhaftung in den administrativen Würgegriff genommen würde…
Arbeit korrekt entlöhnen
Eigentlich müsste den Baumeistern faire Konkurrenz um Aufträge ja ein prioritäres Anliegen sein. Denn Opfer von Lohndumping sind ja nicht nur die Arbeitnehmenden, sondern auch die fairen Betriebe. Das sollte auch dem Nationalrat klar sein, der sich in der Wintersession mit dem Thema beschäftigen wird. Verschiedentlich haben sich auch bürgerliche Politexponenten aus der grossen Kammer dazu bekannt, durch Subunternehmer verursachtes Dumping wirkungsvoll zu bekämpfen. Sie stehen nun in der Pflicht. Der Baumeisterverband mag dann ein paar Tage lang Zeter und Mordio schreien. Auch dieser Sturm wird sich bald einmal ausgetobt haben – und dann werden sie sich daran gewöhnen, vermehrt zu garantieren, was für den sozialen Kitt des Landes so viel wichtiger ist: dass hierzulande Arbeit korrekt entlöhnt wird.