Ob man es will oder nicht: bricht die Schweiz die Personenfreizügigkeit mit der EU ab, dann fallen auch die restlichen bilateralen Abkommen. Eine Exportnation, mitten in der EU, kann sich ungeordnete Beziehungen mit diesem ihrem Handelspartner Nr. 1 nicht leisten. Solche wären wirtschaftlich schlicht eine Selbstkastration. In einem Moment, wo uns ohnehin die Wellen der internationalen (Finanz)Krise erreichen, auch noch eine stabilisierende Ordnung leichtfertig aufs Spiel zu setzen: es wäre gar selbstmörderisch.
Der SGB sagt nicht naiv ja zur Zukunft der Personenfreizügigkeit. Der SGB hat eine Linie. Sie begegnet den Gefahren, die durchaus mit der Personenfreizügigkeit verbunden sein können. Seit dem Beginn des Bilateralismus ist der SGB diese Linie gefahren. Und er wird sie weiter fahren. Die Linie ist in der „Philosophie“ der flankierenden Massnahmen ausgedrückt: Personenfreizügigkeit ja, aber nicht auf Kosten der hierzulande Beschäftigten. Oder auf Massnahmen umgelegt: Wo Patrons schlitzohrig ein neues Arbeitsangebot aus Europa dazu nützen wollen, die hiesigen Löhne und Arbeitsbedingungen zu drücken, da soll ihnen eine Barriere errichtet werden.
Dazu hat der SGB flankierende Massnahmen entwickelt. In diesem konkreten Schutz hat der SGB einiges erreicht – weiteres steht an. Wer die in den letzten Jahren errungenen Erfolge – leichtere Allgemeinverbindlicherklärung von GAV, möglicher Erlass von NAV mit zwingenden Mindestlöhnen, 150 kontrollierende Inspektoren, tripartite Kommissionen - als blosse bürokratische Verrenkungen abtut, der soll mal einen Blick in die Historie zurückwerfen, sagen wir in die Mitte der 90er Jahre. Tonangebend punkto Arbeitsregulierung war damals Arbeitgeberpräsident Richterich: Für ihn und seine umfangreiche Gefolgschaft waren GAV überholt, magersüchtige Gesetze hatten nur das Allernötigste zu regeln… Wenn der viel beschworene Paradigmenwechsel irgendwo eingetreten ist, dann wohl hier.
Er war auch nötig. Und er wird weiter zu entwickeln sein. Unser Ja am 8. Februar hat genau diese Farbe.