Home-Office gesetzlich regeln

  • Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
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Verfasst durch Luca Cirigliano

ILO-Studie bestätigt Handlungsbedarf

Eine neue ILO-Studie bestätigt, dass Home-Office Chancen wie Risiken birgt. Sie fordert, wie das der SGB auch tut, den rechtlichen Schutz für die Betroffenen anzupassen.

Die digitalen Technologien ermöglichen immer mehr, an beliebigem Ort und zu beliebiger Zeit zu arbeiten. Arbeiten kann man nun etwa auch von Zuhause aus, im Ausland - oder während den Ferien. Das Positive daran: weniger Arbeitsverkehr und mehr Potential für die Vereinbarkeit zwischen Erwerb und Betreuung. Auf der anderen Seite drohen den Arbeitnehmenden längere Arbeitszeiten, Arbeitsverdichtung und eine Entgrenzung zwischen Arbeit und Freizeit. Dies alles kann zu Stress, Krankheit und sozialen Verlusten führen. Eine neue Studie der ILO stellt fest, dass regelmässig im Home-Office Arbeitende aufgrund der starken Durchlässigkeit zwischen Arbeit und Freizeit/Familienzeit mehr gestresst sind und mehr an Schlafstörungen und Angst leiden als Arbeitnehmende, die nur im Büro arbeiten. Auch der Bundesrat konstatierte in seinem Bericht 2016 viele ähnliche Probleme. Trotzdem wollte er nicht handeln.

ILO-Empfehlungen umsetzen

Der ILO-Bericht enthält mehrere Empfehlungen. Er verlangt, dass alle Arbeitnehmenden bei der Telearbeit gleich zu behandeln sind. Home-Office soll rechtsgleich eingesetzt und freiwillig sein. Sicher zu stellen sei, dass Arbeitnehmende im Home-Office den Austausch mit den KollegInnen aufrechterhalten können. Die Arbeitszeit, die Nacht- und Sonntagsruhe sowie die Pausen müssen auch im Home-Office den Vorgaben der Arbeitsmedizin bzw. des Arbeitsgesetz entsprechen. Dazu sind die Arbeitszeiten zu erfassen. Dies kann heute mit ganz wenig Aufwand überall gemacht werden, z.B. mittels App auf einem Smartphone oder Computer.

Arbeitszeiterfassung ist in Zeiten ständiger Erreichbarkeit im Home-Office besonders wichtig. Es darf nicht sein, dass Home-Office-Arbeitnehmende Gratisarbeit leisten, sich selbst ausbeuten und in ein Burnout rutschen.

Handlungsbedarf

Der SGB fordert, dass die Bestimmungen des Gesundheitsschutzes auch im Home-Office einzuhalten sind. Das gilt insbesondere für die Arbeitszeiterfassung, die Ruhezeit-Bestimmungen sowie die Höchstarbeitszeit. Auch die GAV sollen in den betroffenen Branchen Schutzmassnahmen gegen psychische und physische Gesundheitsrisiken - insbesondere die ständige Erreichbarkeit - sowie Regelungen zu Home-Office beinhalten.

Dringender Handlungsbedarf besteht auch bei Material, Auslagen und Datenschutz. Das weist auch die Studie der ILO nach. Häufig werden nämlich heute die Auslagen für das Material auf die Arbeitnehmenden überwälzt. In der Schweiz ist das je nach Auslegung der Gesetze der Fall. Auch im Datenschutz gibt es gesetzliche Lücken. So kann der Arbeitgeber mittels Überwachung des Online-Status sowie des Daten-Flusses das Verhalten des Arbeitnehmenden zu Hause und je nachdem sogar der Angehörigen kontrollieren.

Heimarbeitsgesetz anpassen

Die Gewerkschaften des SGB haben an der letzten DV beschlossen, systematisch Home-Office-Anliegen in die GAV aufzunehmen. Trotzdem werden gewichtige Lücken bleiben: Fast 50% aller Arbeitnehmenden kommen hierzulande nicht in den Genuss eines GAV. Für sie müssen gesetzliche Regelungen gefunden werden.

Aber wie? Das Einfachste wäre, in einer einzigen Rechtsgrundlage alle geltenden Bestimmungen zur Arbeitssicherheit und zum Gesundheitsschutz, die Freiwilligkeit sowie Datenschutz- und Kosten-Fragen für das Home-Office zusammen zu fassen. Der Bericht der ILO weist darauf hin, dass die potentiell negativen Auswirkungen des Home-Office gesetzlich angegangen werden müssen. Das räumte 2016 auch der Bundesrat ein, insbesondere für die Einhaltung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes.

Bereits heute ist im Heimarbeitsgesetz (HArG) die traditionell handwerklich-industrielle Heimarbeit geregelt. Das ist paradox: Für eine Arbeitsform, die es kaum mehr gibt, existiert eine spezialrechtliche Regelung, während dies für Home-Office trotz starker Zunahme nicht der Fall ist. Dabei wäre eine Anpassung des HArG auf das moderne Home-Office mit wenig Aufwand zu machen. Der SGB fordert deshalb im Einklang mit den Erkenntnissen aus dem ILO-Bericht, dass der Bundesrat die nötigen Bestimmungen für das Home-Office im HArG konkretisiert und dieses Gesetz anpasst.

 

Zuständig beim SGB

Luca Cirigliano

Zentralsekretär

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Luca Cirigliano
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