Der bundesrätliche Bericht zu Home-Office beschreibt viele Probleme, präsentiert aber keine Lösungen. Für den SGB dagegen ist klar: Die problematischen Seiten von Home-Office sind gesetzlich zu regeln.
Darf der Arbeitgeber auf dem Heim-Computer seiner Arbeitnehmenden Spyware installieren, wenn diese Home-Office machen? Haftet ein Bankmitarbeiter, der zuhause mit schlecht gesichertem WiFi arbeitet, für gestohlene Bankkunden-Daten? Ist der Arbeitgeber verantwortlich, wenn die Arbeitnehmenden sich wegen unmöglichen Zielvorgaben zuhause an Wochenenden und in der Nacht in ein Burnout arbeiten? Solche und viele weitere rechtliche Fragen wirft Home Office auf.
Der Bundesrat anerkannt in seinem Mitte November erschienenen Bericht, dass die Bestimmungen des Obligationenrechts, des Arbeits- und des Unfallversicherungsgesetzes grundsätzlich auf Home-Office anwendbar seien. Dies gälte aber nicht für die Kontrolle der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes sowie für viele Detailbestimmungen in den Verordnungen. Diese seien nur in einer klassischen Arbeitsorganisation anzuwenden, in welcher die Gestaltung der Arbeitsräume dem Arbeitgeber obliege (z.B. Ergonomie am Arbeitsplatz, Sicherheit von Geräten, etc.).
Gesundheit: auch im Home Office schützen
Dem Bericht zufolge fällt es in die Verantwortung des Arbeitgebers, den Arbeitsplatz auch im Home-Office angemessen einzurichten. Ruhezeit- und Pausenbestimmungen seien auch im Home-Office einzuhalten. Aber wie? Das Einfachste wäre, in einer einzigen Rechtsgrundlage alle geltenden Arbeitssicherheits- und Gesundheitsbestimmungen für das Home-Office zusammen zu fassen. Weiter räumt der Bundesrat ein, dass man für Home-Office wohl spezifische Konkretisierungsvorschriften erlassen müsste, insbesondere für die Einhaltung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes.
Bereits heute sind mit dem Heimarbeitsgesetz (HArG) besondere Bestimmungen zur traditionellen handwerklichen Heimarbeit geregelt. Das ist paradox: Für eine Arbeitsform, die es kaum mehr gibt, existiert eine spezialrechtliche Regelung, während dies für Home-Office trotz starker Zunahme nicht der Fall ist. Dabei wäre eine Anpassung des HArG auf das moderne Home-Office mit wenig Aufwand zu machen. Der SGB fordert deshalb, dass der Bundesrat die nötigen Bestimmungen für das Home-Office im HArG konkretisiert und dieses Gesetz anpasst.
Auslagen: Kein Sparen auf dem Rücken der Angestellten
Neben dem Gesundheitsschutz besteht auch dringender Handlungsbedarf bei den Regelungen zu Material, Auslagen und Datenschutz. Häufig werden nämlich heute die Auslagen für Arbeitsmaterial auf die Arbeitnehmenden überwälzt. Insbesondere die Nutzung privater Geräte für die Arbeit kann problematisch sein, da Artikel 327 Absatz 2 OR vorsieht, dass die Auslagen zulasten der Arbeitnehmenden gehen können. Diese Regelungen zielten jedoch nicht auf die moderne Informatik, sondern auf die private Benutzung von Firmenfahrzeugen. Je nach Auslegung von Artikel 327a Absatz 1 OR muss die ArbeitnehmerIn die Auslagen von Telearbeit selbst finanzieren. Denn ohne entsprechende Regelung in GAV oder Einzelarbeitsvertrag kann sich der Arbeitgeber darauf beschränken, nur den Arbeitsplatz in seinen Räumlichkeiten zu finanzieren. Es ist jedoch nicht akzeptabel, dass die Arbeitgeber ihre Infrastrukturkosten auf die Arbeitnehmenden verschieben.
GAV allein genügt nicht
Die Gewerkschaften des SGB haben an der letzten DV beschlossen, systematisch Home-Office-Anliegen in die GAV aufzunehmen. Das gilt für Themen wie Freiwilligkeit, soziale Isolation, aber auch für konkrete Fragen wie Arbeitszeiten, Schutz der Freizeit und Erholung, Verbot der Nachtarbeit. Auch die Kosten für die Geräte werden vermehrt in GAV zu regeln sein. Trotzdem werden gewichtige Lücken bleiben: Fast 50% aller Arbeitnehmenden kommen hierzulande nicht in den Genuss eines GAV. Für diese Personen müssen gesetzliche Regelungen gefunden werden. Dass der Bundesrat bei Home Office Handlungsbedarf feststellt, sich aber seiner Verantwortung im Verordnungs- und Gesetzesbereich entzieht, ist unverständlich.