Ein zu schüchterner Beginn, aber immerhin ein Beginn

  • Gewerkschaftsrechte
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Verfasst durch Jean Christophe Schwaab, Zentralsekretär SGB

Jetzt hat der Bundesrat endlich halbwegs erkannt, dass gewerkschaftliche Vertreter/innen besser gegen missbräuchliche Kündigung zu schützen sind. Die vorgeschlagenen Sanktionen bleiben aber zu schwach.

Der SGB nimmt mit Befriedigung zur Kenntnis, dass der Bundesrat einen Gesetzesentwurf in Vernehmlassung gibt, der Gewerkschaftsvertreter/innen und Personen, die Missstand anzeigen (whistleblower), besser vor missbräuchlicher Kündigung schützen soll. Die jahrelange entsprechende Kampagne der Gewerkschaften scheint nun doch erste Früchte zu tragen. 

Der Bundesrat handelt jedoch nur zaghaft, die von ihm vorgeschlagenen Sanktionen sind schwach: Antigewerkschaftliche Kündigungen würden neu, wenn als solche festgehalten, mit maximal 12 Monatslöhnen sanktioniert (heute maximal 6 Monatslöhne). Die Kündigungen könnten aber weiterhin nicht annulliert werden. Arrogante Arbeitgeber könnten sich also weiterhin jener Mitarbeitenden entledigen, die ihre Kolleg/innen verteidigen. Eine Sanktion von 12 Monatslöhnen entwickelt keine Abschreckung, insbesondere nicht für Grossunternehmen. Personalvertreter oder Gewerkschafterinnen, die Opfer einer solchen missbräuchlichen Kündigung sind, würden also weiterhin ihre Stelle verlieren und arbeitslos werden. Der Bundesrat will für sie kein Recht auf Wiedereinstellung.

Der SGB fordert wirksame Sanktionen gegen solche missbräuchliche Kündigungen, insbesondere ihre Annullierbarkeit und damit die Möglichkeit zur Wiedereinstellung der Betroffenen. Dass dies nötig ist, zeigt die in letzter Zeit dramatische Zunahme von missbräuchlichen Kündigungen an Gewerkschafter/innen und Personalvertreter/innen. 

Zwei weitere Vorschläge des Gesetzesentwurfes sind als Fortschritt festzuhalten. Einerseits sind die Regelungen missbräuchlicher Kündigung nicht mehr „absolut zwingend“ – in den GAV kann zugunsten der Arbeitnehmenden davon abgewichen werden. Zum anderen kann gewählten Personalvertretern nicht mehr aus ökonomischen, sondern nur mehr aus Gründen, die in ihrer eigenen Person liegen, gekündigt werden. Dieser Vorschlag korrigiert einen kürzlichen fatalen Entscheid des Bundesgerichts. Danach hätte ein Arbeitgeber, der mittelfristig für sein Unternehmen eine Verschlechterung vorauszusehen glaubt, eine/n Personalvertreter/in aus wirtschaftlichen Gründen entlassen können. 

Klar ist: wenn die Gewerkschaften einen besseren Schutz vor antigewerkschaftlicher Kündigung wollen, dann haben sie ihren entsprechenden Druck aufrecht zu erhalten. Deshalb werden der SGB und seine Verbände weiterhin alle Fälle antigewerkschaftlicher Kündigungen systematisch denunzieren. Und wenn der vorliegende Gesetzesentwurf nicht befriedigende Ergebnisse bringen sollte, wird der SGB auf seine entsprechende Klage vor der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zurückkommen. Denn der Schutz vor antigewerkschaftlicher Kündigung gehört zu den Kernarbeitsnormen, die die Schweiz als Gastland der IAO zu respektieren und zu fördern hätte. 

Zuständig beim SGB

Luca Cirigliano

Zentralsekretär

031 377 01 17

luca.cirigliano(at)sgb.ch
Luca Cirigliano
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