Menschen in Bewegung

Foto: © rclassen / photocase.de

 

Ein Lohn muss zum Leben reichen

  • Löhne und Vertragspolitik
Medienmitteilung

Motion Ettlin wäre eine Sabotage der Sozialpartnerschaft

Vom Lohn muss man leben können. Die Motion Ettlin verstösst klar gegen diesen wichtigen Grundsatz. Die Wirtschafts- und Abgabenkommission des Nationalrates hat äusserst knapp mit 11:10 Stimmen entschieden, diese Motion zur Annahme zu empfehlen. Kantonale Mindestlöhne sind aus sozialpolitischen Gründen zulässig, damit die Existenzsicherung garantiert wird. Damit ist klar, dass GAV-Löhne diese untere Grenze nicht unterbieten dürfen.

Die Motion kommt mit dem wohlklingenden Namen «Sozialpartnerschaft vor umstrittenen Eingriffen schützen» daher. Sie will die Kantone daran hindern, Massnahmen gegen zu tiefe Löhne zu ergreifen: Kantonale Mindestlöhne würden in allen Branchen nicht mehr gelten, in denen ein als allgemeinverbindlich erklärter Gesamtarbeitsvertrag (GAV) auch Bestimmungen zu den Löhnen beinhaltet. Die Motion will also nichts anderes, als Working Poors zu produzieren.

Dabei haben die Kantone laut Bundesverfassung die Kompetenz, im Bereich der Sozialpolitik Gesetze zu erlassen. Sie können also auch bestimmen, dass Löhne das Existenzminimum abdecken müssen. Dementsprechend wurde bei der Debatte um einen nationalen Mindestlohn von den Initiativ-Gegnern immer wieder darauf hingewiesen, dass die Kantone bei Bedarf einen Mindestlohn einführen können. Und auch das Bundesgericht hat diese Kompetenz kantonaler Mindestlöhne bestätigt.

Eine Umsetzung der Motion Ettlin wäre ein Verfassungsbruch und eine Sabotage der Sozialpartnerschaft. GAV könnten nämlich pervertiert werden, um das ohnehin bereits magere Arbeitsrecht weiter zu schwächen und den Willen des Gesetzgebers zu untergraben. Statt bessere Bedingungen als die gesetzlichen Minimalstandards für die Arbeitnehmenden zu garantieren, würden sie Ausnahmen von diesen Standards erlauben. Dass GAV als Instrumente benutzt werden könnten, um die gesetzlichen Löhne nach unten zu drücken, wäre ebenso gefährlich wie skandalös.

Besorgniserregend ist, dass dieser Angriff auf die Souveränität der Kantone und die Löhne der Arbeitnehmenden in Grenzregionen, speziell in den Kantonen Neuenburg und Genf, in einer Zeit kommt, in der über den Schutz der Löhne und das Verhältnis zu Europa Diskussionen stattfinden.

Es ist zu hoffen, dass das Plenum dem Antrag von Bundesrat, Kantonen und Gewerkschaften folgt und die Motion Ettlin ablehnt, statt den Sozialfrieden in der Schweiz zu torpedieren.

Zuständig beim SGB

Luca Cirigliano

Zentralsekretär

031 377 01 17

luca.cirigliano(at)sgb.ch
Luca Cirigliano
Top